Beispiel für Innovationshemmnisse in der Buchbranche – das gewachsene Verhältnis Verlag-Buchhandel

Beispiel für Innovationshemmnisse in der Buchbranche - das gewachsene Verhältnis Verlag-Buchhandel

Es ist ja kein Geheimnis, dass in Zeiten von Branchenumbrüchen etablierte Unternehmen oft auf der Strecke bleiben, weil sie den Innovationssprung nicht bewältigen. Denn wenn sie neue Geschäftsmodelle erproben, untergraben sie damit oft ihre bestehenden und einträglichen Erlösquellen. Daher gehen Innovationen dann auch meist nicht von den etablierten Unternehmen aus, sondern von Markt-Neulingen.

Inzwischen heißt es ja auch oft, die Buchbranche hätte die Digitalisierung verschlafen. Ganz so krass ist es nicht. Zweifelsohne hat sie sich in der Gesamtheit aber auch nicht mit Begeisterung darauf gestürzt. Das hat auch mit dem oben beschriebenen Zusammenhang zu tun. Hinzu kommen aber auch ein paar Branchenspezifika:

Traditionell sind die drei “Sparten” der Buchbranche (Verlage bzw. “herstellender Buchhandel”, Zwischenbuchhandel und “verbreitender Buchhandel”) sehr eng verbunden, was im Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum Ausdruck kommt, der damit als Branchenverband ziemlich einzigartig ist:

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. ist weltweit der einzige Verband, der alle drei Handelsstufen unter einem Dach vereinigt – Verlage, Buchhandlungen, den Zwischenbuchhandel, Antiquariate und Verlagsvertreter.

Zudem steht der “verbreitende” Buchhandel noch immer für ca. die Hälfte des Branchenumsatzes:

Beispiel für Innovationshemmnisse in der Buchbranche - das gewachsene Verhältnis Verlag-Buchhandel

Der stationäre Buchhandel und die dortigen Akteure sind auch die einzige Zielgruppe, welche viele Verlage in der Vergangenheit wirklich gut kannten. Daher ist der ganze Bereiche “Social Media” mit seinem Endkunden-Direktmarketing-Ansatz vielen Verlagen auch so neu und fremd.

Jedenfalls führt diese gewachsene Struktur und die daraus folgende Mentalität dazu, dass viele Neuerungen und Experimente der Verlage vom Buchhandel attackiert werden. Das ist von außerhalb der Branche nicht unbedingt ersichtlich, wo es dann schnell heißt, die Buchverlage könnten Innovation einfach nicht. Aber natürlich müssen Verlage auf ihre – noch immer – Hauptkunden zumindest rhetorisch Rücksicht nehmen, was dann häufig auch zu einer neuralgische Punkte meidenden Sprache führt.

Sehr gut illustriert wird der ganze Zusammenhang durch ein Beispiel, auf welches ich vor ein paar Tagen beim Börsenblatt gestoßen bin. Dort wird berichtet:

Bastei Lübbe startet in diesem Jahr ein rein digitales Programm “Digital First”. Dessen Inhalte erscheinen als Erstveröffentlichung in digitaler Form, wie die Kölner mitteilen. (…)

Jetzt könnte man denken: Das ist ja überaus erfreulich. Da wird experimentiert. Da wird Zukunft erprobt …

… Denkste! Wie lautet der einzige Kommentar, der von Esther Giese, Inhaberin des Buchladen Sülzburgstraße, stammt?:

Ich werde daraus Konsequenzen ziehen und nur die nötigesten Titel bei Lübbe bestellen. Lübbe versucht den Buchhandel auszuklammern. (…)

Ergo: Auch das Verlagsleben ist nicht ganz so einfach, wie es von außen manchmal scheint.

Bildquelle: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Phil Roeder

—————————————————-
Abo + Austausch: Feed, E-Mail, Facebook, Google+, Twitter, Xing, LinkedIn

Anzeige (falls eingeblendet)

Schreibe einen Kommentar