Filesharing ist in Schweden bekanntlich ein anerkannter religiöser Glaube. Es handelt sich um die Kirche der Kopimisten. Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich auf Veranstaltungen der Buchbranche und anderer Medienbranchen unterwegs bin. Zuletzt wieder auf den Buchtagen und teilweise auch auf der AKEP-Jahrestagung in Berlin. Dort war nämlich allzu oft von solchen Dingen die Rede, wenn es um das Internet ging:
Ganz schön viel Ethik und Moral als Thema in der Filesharing-Diskussion bei #akep12 – fehlt nur noch Religion 😉
— Leander Wattig (@leanderwattig) Juni 20, 2012
Wesentlich krasser noch war das auf den Buchtagen, wo die Reden und die zentrale Diskussion durch solche Statements geprägt waren:
Begrüßung der #btb12 dreht sich um Urheberrecht. Die Worte “Leser” oder “Kunde” kommen nicht vor. Noch Fragen?
— Peter Schmid-Meil (@derlektor) Juni 21, 2012
Honnefelders Eröffnungsrede zeigt, wie weit die Führung des Börsenvereins von der Realität entfernt ist. #btb12 #akep12 boersenverein.de/de/portal/Eroe…
— jensbest (@jensbest) Juni 21, 2012
Laut Krüger ist dieses Internet schuld, das mehr doofe Bücher gelesen werden. #Ammenmärchen auf den #btb12
— frank krings (@frank_krings) Juni 21, 2012
Sibylle Lewitscharoff: „Ich hasse kostenlos, das ist eine entsetzliche Herabsetzung schöpferischer Leistung.“ #btb12 buchreport.de/nachrichten/ve…
— buchreport (@buchreport_de) Juni 21, 2012
So gewinnt man junge, neue Leser .. RT @literaturcafe: Frau Lewitscharow (ohne Ironie) : “Verdonnert 14-Jährige und mahnt sie ab!” #btb12
— Sebastian Posth (@sposth) Juni 21, 2012
Ich bin etwas rat- und sprachlos und weiß nicht, ob ich die schockierenden Erlebnisse von heute in Worte fassen kann. #btb12
— literaturcafe.de (@literaturcafe) Juni 21, 2012
Merke: Zur #akep12 kann man fahren, #btb12 sollte man sich besser sparen. Großkopferte, die an alten Zöpfen hängen, braucht kein Mensch.
— Stefanie Leo (@Buecherkinder) Juni 21, 2012
Da fragt man sich wirklich, ob am Ende als letztes Mittel nicht doch bald die Gründung einer Anti-Filesharing-Religion vorgeschlagen wird. Angesichts der Aussagen, die bei solchen Gelegenheiten teilweise so getätigt werden, käme einem so ein Vorschlag noch nicht nicht mal besonders absurd vor. Dieses Branchen-Geld wäre bei einer Religionsstiftung womöglich sogar sinnvoller angelegt …
Oder man besinnt sich auf das, was bei Techdirt zu lesen steht und ansich bekannt sein sollte:
(…)
This is not about morals. This is about smarts. It’s not about being right or wrong. It’s not about rebelling. It’s about a giant shift in consumer behavior and how we as an industry deal with that.
(…)
This is about failed business models, not morals. If you have a bad business model, you fail. End of story. If you have good content, an ability to connect with fans, and a good business model, you’ll absolutely succeed today.
(…)
But, for whatever reason, many of those failing today seem to want to turn it into a moral issue. It may pull heart strings, but it won’t solve the business model issue.
Annette Beetz bringt es schön auf den Punkt:
@leanderwattig Verlage müssen sich fragen: Wie diene ich dem Kunden/Leser? Nicht: Wie halte ich mich noch so lange wie möglich am Leben?
— Annette Beetz (@AnnetteBeetz) Juni 24, 2012
Dazu passend hier nochmal die Präsentationsfolien zu meinem Vortrag auf der AKEP-Jahrestagung: