Typischer Fall: Otto Waalkes lehnt für Nachwuchs-Künstler die Art Inhalte-Nutzung ab, die ihn mit groß gemacht hat

Otto Waalkes scheint als Künstler ein typischer Fall zu sein: Er war früher selbst gewissermaßen Pirat und hat es mit dem Urheberrecht nicht so genau genommen, wie er im FAZ-Interview zugibt. Heute sieht er die Risiken, die daraus folgen, wenn es jeder so machte wie er damals, was aufgrund der neuen technischen Rahmenbedingungen ja möglich ist. Deshalb scheint er für die Nachwuchs-Künstler das abzulehnen, was ihn mit groß gemacht hat. Zugleich sorgt er sich aber um deren Förderung:

(…)
FAZ: Ihre Meinung zur Piratenpartei?

Waalkes: Die Filmpiraten in „Ice Age“ sind mir lieber. Ich bin aber kein Urheberrechtsexperte und habe zu einer Zeit angefangen, als man mehr als lax mit dem Eigentumsbegriff umgegangen ist, mit dem geistigen sowieso.

FAZ: So ist ja Ihre Kooperation mit Gernhardt entstanden: Sie haben ohne Genehmigung einen Text von ihm auf der Bühne vorgetragen, worauf er sich bei Ihnen meldete.

Waalkes: Ja, in dem Sinne war ich eigentlich ein früher Pirat. Gefahren sehe ich heute natürlich darin, dass der Zugriff so vereinfacht ist. Das mindert das Unrechtsbewusstsein und kann den unschönen Nebeneffekt haben, dass Talente nicht mehr gefördert werden. Mir wird ja gern vorgeworfen: Du machst nur Blödsinn. Das stimmt, aber Nonsens ist kein reiner Schwachsinn, es ist ein verweigerter Sinn. Der Betrachter wird in ein scheinbar stabiles Sinngebäude gelockt – und dann lassen wir ihn voll gegen die Wand laufen. Das kostet schon eine gewisse Mühe.
(…)

Man sollte jetzt aus einer Interview-Antwort nicht zu viel ableiten wollen. Ich glaube aber, dass die Tendenz, die hier anklingt, ziemlich typisch ist: Viele Künstler scheinen recht ratlos zu sein. Das Urheberrechts-Dilemma wird zwar erkannt, nicht aber Auswege aus dem Dilemma. Daher wird im Zweifel eher auf die strikte Durchsetzung des bestehenden Urheberrechts gesetzt, allein schon um die eigenen Einkünfte zu sichern, was sehr verständlich ist. Ich unterstelle aber auch mal, dass vielen Künstler nicht immer komplett bewusst ist, was die konsequente Durchsetzung des bestehenden Urheberrechts in der heutigen Internet-Zeit an Restriktionen bedeuten würde. Leider kommt in Deutschland von den etablierten Künstlern auch wenig Input, was neue Geschäftsmodell-Ansätze betrifft. Die Ratlosigkeit scheint doch zu überwiegen.

Wenn man sich dann überlegt, dass Leute wie Otto Waalkes als Medien-Profis das Feld schon nicht so recht überblicken und dies auch ohne Image-Verlust zugeben können (“bin aber kein Urheberrechtsexperte”), finde ich es umso gewagter, dass heute Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher als Internet-Nutzer zu Urheberrechtsexperten mutieren sollen …

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