Andrea Kamphuis: Crowdfunding-Kampagne für ein Wissenschaftsbuch

Andrea Kamphuis: Crowdfunding-Kampagne für ein WissenschaftsbuchBeschreibung des Akteurs

Friendly Fire – Das Autoimmunbuch“ ist (a) der Arbeitstitel eines Sachbuchs über die Evolutionsbiologie der Autoimmunkrankheiten, das ich derzeit schreibe und voraussichtlich selbst verlegen werde, (b) der Titel des Blogs, mit dem ich den Entstehungsprozess begleite, dokumentiere und vorantreibe, und (c) der Titel einer Crowdfunding-Kampagne, mit der ich 6.000 Euro für die Finanzierung professioneller Infografiken für das Buch einzuwerben versuche.

Beschreibung der Marketing-Maßnahme

Über Twitter, zahlreiche E-Mail-Verteiler, die Plattform mySherpas.com, mein Blog und Facebook werbe ich um finanzielle und propagandistische Unterstützung meiner Crowdfunding-Kampagne. Dabei gilt es einige Besonderheiten zu beachten: Mein Thema hat einen medizinischen Aspekt; als selbst von einer Autoimmunerkrankung Betroffene versuche ich unter anderem weitere Betroffene anzusprechen, die sich für die wissenschaftlichen Hintergründe interessieren. Patientenforen usw. fallen aber als Kanäle für direkte Marketingbotschaften aus, da die Administratoren aus guten Gründen (Pharmaindustrie, unseriöse „Heiler“ usw.) strikt darauf achten, dass die Foren nicht zur Anbahnung von Geschäften genutzt werden. Auch möchten einige potenzielle Unterstützer aus beruflichen oder privaten Gründen nicht im Zusammenhang mit Krankheiten genannt werden. Zudem ist ein Teil meiner Zielgruppe alles andere als webaffin.

Gefragt war also ein Methodenmix, der unterschiedliche Formen der Reaktion und Unterstützung ermöglicht: von E-Mail-Weiterleitungen oder Retweets über Literaturtipps oder die Vermittlung potenzieller Multiplikatoren bis hin zur Registrierung auf der Plattform mySherpas und anschließenden finanziellen Unterstützung – nach Möglichkeit ergänzt um ein Statement, das signalisiert, dass sie an mein Projekt glauben.

Durch eine transparente Darstellung des Vorhabens und der geplanten Mittelverwendung (nämlich nicht als „Schreibhonorar“, sondern zur Deckung anstehender Ausgaben für die Bebilderung und Literaturbeschaffung) und durch ein klares Mission Statement in meinem Blog habe ich versucht, mögliche Bedenken potenzieller Unterstützer schon im Vorfeld auszuräumen.

Warum war die Maßnahme aus Ihrer Sicht erfolgreich?

Obwohl die Crowdfunding-Kampagne erst gut einen Monat läuft und erst Mitte Juni zu Ende gehen wird, werte ich sie bereits jetzt als vollen Erfolg:

  • Sie wurde schon kurz nach ihrem Start als Best Case in einem Social-Media-Vortrag vorgestellt.
  • Sie hat mich gezwungen, mir von Anfang an klar Rechenschaft abzulegen über die potenzielle Leserschaft des Buches, meine Ziele und den Zeitrahmen für ihre Verwirklichung.
  • Da ich nicht im Auftrag eines Verlags arbeite, habe ich mir durch die Kampagne selbst eine Deadline und einen virtuellen Auftraggeber geschaffen, dem ich mich verpflichtet fühle. Auch an Tagen, an denen mir die Arbeit nicht so leicht von der Hand geht, versuche ich wenigstens etwas für das Buch zu tun, zum Beispiel einen Blogbeitrag zu veröffentlichen.
  • Ich habe mich vom wissenschaftlichen und publizistischen Perfektionismus, einer alten Berufskrankheit, verabschiedet und „einfach losgelegt“ – zum Beispiel einen Youtube-Kanal eingerichtet und erste Videos gedreht, um für das Projekt zu werben.
  • Etliche Angeschriebene und auch ein paar Menschen, die ich bisher nicht kannte, melden sich mit wertvollem Feedback, zum Beispiel mit Literaturtipps oder Hinweisen auf weitere mögliche Kontaktpersonen. Neben das Crowdfunding tritt also ein Crowdsourcing-Aspekt. Nicht zuletzt bestätigen sie meine Vermutung, dass es eine hinreichend große Zielgruppe für mein Buch gibt.

Können Sie Zahlen nennen?

Die Crowdfunding-Kampagne läuft über 90 Tage, von denen jetzt 37 verstrichen sind. Mit 2920 von 6000 Euro sind bereits 49% der Zielsumme erreicht. Die Chancen stehen also gut, dass das Projekt wie geplant realisiert werden kann. (Im Crowdfunding gilt das Alles-oder-nichts-Prinzip: Wird die Zielsumme nicht erreicht, so erhalten die Unterstützer ihre Beträge zurück.)

Die einzige Ressource, die ich einsetze, ist Zeit, die ich andernfalls mit Recherchen und Literaturauswertung zugebracht hätte. Aber die Kontakte, die ich über die Kampagne gewinne, reaktiviere oder pflege, werden auch für die weitere Arbeit und den Vertrieb des Buches nützlich sein – die Zeit ist also gut investiert.

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Ausblick: Wie ging’s/geht’s weiter?

Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Kommunikation in sozialen Medien schneiden Buchprojekte unter allen bislang in Deutschland durchgeführten Crowdfunding-Kampagnen am schlechtesten ab: Von sieben Crowdfunding-Ausschreibungen für Bücher hat nur eine einzige ihr Ziel erreicht, während die Erfolgsquote über alle 57 ausgewerteten Projekte bei über 50% lag.

Die neue, Social-Media-basierte Finanzierungsmethode und die etwas konservative Verlagsbranche scheinen bislang nicht recht zu harmonieren. Das weckt meinen Ehrgeiz: Ich will zeigen, dass Crowdfunding auch und gerade für Sachbücher eine sinnvolle Verknüpfung von Bedarfsanalyse, Finanzierung und Vertrieb darstellt.

Bis Mitte Juni werde ich weiter die Werbetrommel rühren, und zwar vor allem durch spannende Informationen über unser Immunsystem und neue Erkenntnisse aus der Forschung, die mit Hinweisen auf mein Blog und die mySherpas-Kampagne verbunden sind. Hinzu kommt traditionelle Pressearbeit, also der Versuch, Journalisten durch eine Pressemitteilung und durch persönliche Ansprache für Crowdfunding im Allgemeinen und mein Projekt im Besonderen zu interessieren.

Crowdfunding in der Buchbranche ist auch das Thema zweier Sessions, die ich beim Buchcamp am 7. und 8. Mai anbiete. Außerdem gründe ich derzeit mit meinen Kollegen Michael Köhler und Stephan Matthiesen den Verlag „Kraut Publishers“, für den „Friendly Fire“ gewissermaßen eine Pilotprojekt darstellt, über das wir Möglichkeiten und Schwierigkeiten ausloten.

Kontakt:

Andrea Kamphuis, Autorin

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