Kathrin Lange: Ohne das Internet wäre ich nicht Autorin geworden

Kathrin Lange: Ohne das Internet wäre ich nicht Autorin gewordenWer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ich bin Autorin und schreibe historische Romane und Phantastik für Erwachsene und Jugendliche. In einem früheren Leben war ich auch einmal Buchhändlerin.

Wie verändern die digitalen Medien bzw. das Internet Ihre Arbeit?

Ohne das Internet wäre ich nicht Autorin geworden. Ich habe mein komplettes Netzwerk über das Internet aufgebaut und dort auch die wichtigen Leute kennengelernt, die meine Karriere gefördert haben.

Die durch das Internet verursachten Veränderungen werfen aber zahlreiche Fragen auf:

Gebe ich mehr Privates preis im Austausch mit den Lesern?

Das ist eine interessante Frage, denn ich überlege gerade, ob es Sinn macht, zum Beispiel Dienste wie Twitter zu nutzen. Von manchen Kollegen höre ich sehr Positives darüber, aber ich bin ehrlich gesagt schon skeptisch. Zum einen, weil es mir schwerfällt, zu glauben, dass es Leute interessieren könnte, wann ich wie lange mit meinem Hund spazierengegangen bin. Und zum anderen, weil ich solche Medien hauptsächlich als Möglichkeit des Marketings für meine Bücher sehe. Und ich kann mir (zur Zeit jedenfalls) nur schwer vorstellen, dass es irgendeine positive Auswirkung auf meine Verkaufszahlen hätte. Ich lasse mich allerdings gerne durch Erfahrungsberichte von KollegInnen eines Besseren belehren.

Sind die Leser stärker an mir als Person interessiert durch das Internet?

Das kann ich eigentlich recht klar verneinen. Das Internet bietet meinen LeserInnen zwar die Gelegenheit, auf einfachem Wege mit mir Kontakt aufzunehmen und Fragen zu stellen. Aber die beziehen sich eigentlich immer auf meine Bücher und mein Schreiben. Nach Privatem wird gar nicht gefragt, und ich würde es, ehrlich gesagt, auch nicht beantworten. Da bin ich schon altmodisch. Ich habe mich vor einigen Wochen bei facebook angemeldet und grübele noch immer, wie viele private Infos nötig und für mich vertretbar sind.

Wie verändert sich die Zusammenarbeit mit Verlagen?

Sie ist natürlich durch das Internet einfacher als zu Zeiten davor. Ich könnte zum Beispiel ohne Probleme in einem Häuschen in der Bretagne sitzen und dennoch schreiben und veröffentlichen, ohne größere Nachteile durch die Abgeschiedenheit zu haben (abgesehen davon, dass gewisse Recherchen vor Ort mühsamer würden, da die Anreise sich verlängert). Das finde ich großartig, und werde es mit Sicherheit irgendwann auch nutzen. Wobei es nicht auf die Bretagne hinauslaufen wird …

Werden wir Autoren langfristig noch auf Verlage angewiesen sein trotz Internet?

Definitiv ja! Verlage bzw. die Leute, mit denen man dort arbeitet, sind Qualitätsgaranten, Ansprechpartner, Fachleute für Herstellung und Vertrieb, auf die man noch lange, lange nicht wird verzichten können.

Welchen Mehrwert bietet die Zusammenarbeit mit Verlagen trotz des frei verfügbaren Vertriebskanals Internet?

Siehe die vorherige Frage. Es geht nicht nur um den Vertrieb, sondern um Inhalte und Qualität, wenngleich ich einräumen muss, dass die Verlage gerade fleißig dabei sind, genau diesen ihren Vorteil zu verspielen, indem sie Bücher veröffentlichen, die sichtbar gar nicht lektoriert wurden oder so schlampig, dass ich als Leserin sie nach 20 Seiten verärgert in die Ecke werfe. Aber ich  mache spaßeshalber einmal ein Gedankenspiel und stelle mir vor, dass das gedruckte Buch auf ähnliche Art und Weise vom E-Book abgelöst wurde, wie das in der Musikindustrie die mp3-files mit den CDs gemacht haben und es parallel dazu keine Verlage mehr gibt. Das würde bedeuten, dass ich als Autorin meine Texte selbst lektorieren, selbst setzen, selbst vertreiben müsste. Inklusive Werbung, Vertrieb, Rechnungsstellung und Mahnwesen und Buchführung. Eine schreckliche Vorstellung! Wann sollte ich noch zum Schreiben kommen? Und was würde aus meinen Manuskripten werden, wenn die kritische Instanz des Lektorates fehlte? Brr!

Was halte ich von E-Books?

Darüber habe ich mir bisher keine endgültige Meinung gebildet. Ich bin zugegebenermaßen ein Fan des gedruckten Buches, das mich allein durch Optik und Haptik anspricht. Im Leben könnte ich es mir nicht vorstellen, meine gesamte Bibliothek auf einem elektronischen Gerät gespeichert zu haben. Womit schmücke ich dann all die vielen leeren Wände in meiner Wohnung? Andererseits liebäugele ich schon mit der Möglichkeit, ein zweihundert Gramm schweres Gerät mit in den Urlaub zu nehmen, auf dem ich dann Hunderte von Büchern gespeichert habe, sodass ich mir nicht vor der Abreise wochenlang Gedanken machen muss, welche fünf Werke in meinen ohnehin viel zu vollen Koffer passen. Dann hätte ich das Problem nicht mehr, dass ich in jedem Urlaub genau die falschen Bücher dabeihabe. Andererseits: Was ist, wenn mir am Strand oder auf der Alm der Strom ausgeht? Der Super-GAU!

Also vielleicht eine Mischung aus beidem? Für mich wäre zum Beispiel ein Geschäftsmodell genial, bei dem man für ein gebundenes Buch das E-Book kostenlos (oder für einen geringen Betrag) dazuerhält …

Was ist ein typisches Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Jemand müsste einen Weg finden, wie man aus den 24 Stunden des Tages mindestens 48 machen kann. Für Vorschläge bin ich offen … 😉

Wo finden wir Sie im Internet?

Unter http://www.kathrin-lange.de und http://www.florenturna.de

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Diese vier Fragen werden regelmäßig von Leuten aus der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Probleme in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen in Ihrer Bucharbeits-Umgebung bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen.

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