Tanja Erdmann über ihre Leipziger Buchmesse

Messe-Freitag, 19.3.2010

Als mein Wecker um 2.30 Uhr in Dortmund klingelte, verfluchte ich denjenigen, der wollte, dass wir so früh los fahren. Dieser jemand war leider ich. Naja, nach den anfänglichen Startschwierigkeiten, wuchs meine Aufregung und setzte mich regelrecht unter Strom. Meine Energie reichte tatsächlich fürs auf und ab hüpfen, als meine Freundin mich mit meinen ganzen Klamotten und dem reichlichen Proviant einsammelte.

Schlagartig wurde klar: ich bin nicht die Einzige, die voller Vorfreude war. Der einzige Kritikpunkt, den ich anbringen kann, ist wahrscheinlich die Musik. Meistens konnten wir uns einigen, aber teilweise muss ich einfach meine Ohren in den Offline-Modus runterfahren. Noch ein letzter Stop, um auch unseren Freund und dritten Mitreisenden einzusacken. Und dann ging es auch schon los, ab auf die Autobahn.

Gott sei Dank, ist das Wetter schön, so konnten wir unseren ersten ‚Nasch‘-Halt nach einer halben Stunde einlegen. Nichts geht über ein paar Süßigkeiten am Morgen. Es ist jetzt kurz nach halb 6 Uhr morgens. Wir fahren gleich auf die Autobahn 44 Richtung Kassel und dem Sonnenaufgang entgegen.

Auf einer 5-stündigen Fahrt gibt es einiges an Gesprächsstoff und lustige Diskussionsrunden. Da werden Stars zu Lästerobjekten und der neue Klatsch und Tratsch ausgetauscht. Aber man kann sich auch um einen Weingummi-Hamburger streiten. Wenn die eigene Freundin dann mit der Schuldtour kommt, von wegen ‚ich fahre euch doch so vorsichtig und bin so lieb und nett‘ ist auch dieser Machtkampf entschieden.

Das Objekt der Begierde

Es sind noch ungefähr 60 km und wir vertreiben uns die Zeit, in dem wir an unserem nicht ganz ausgereiften sächsischen Akzent feilen. Ach nebenbei gesagt, hier müffelt es. Suchende Blicke nach hinten und zur Seite – ‚wer war der Übeltäter‘, aber so riechen frisch gedüngte Felder nun mal. Also hätten wir auch das geklärt. Wir fahren an einigen komischen Städten vorbei und atmen diese ‚frische‘ Landluft ein.

Ankunft auf dem Messegelände um kurz nach 9 Uhr. Wir sind super durchgekommen und verdammt pünktlich, was bedeutet, dass wir sogar einen Parkplatz in der ersten Reihe bekommen. Wer noch nicht in Leipzig auf der Buchmesse war, hat sicherlich etwas verpasst. Allein der Gebäude-Komplex ist einzigartig. Es gibt eine zentrale Halle mit einem Glasdach. Von hier aus führen Glasröhren in die einzelnen Hallen.

Beam me up, Scotty!

Ja, irgendwie hat man das Gefühl in einem Science-Fiction-Film gelandet zu sein. Man wird in diesem Glauben auch noch bestärkt wenn man einige Aliens trifft. Doch das sind keine Außerirdischen. Es sind Cosplayer. Cosplayer sind einfach gesagt Verkleidungskünstler. Die Vorbilder stammen aus Mangas, Animes und Büchern. Der Kult selbst kommt aus Japan.

Wahnsinn, wie lange die Cosplayer in einer Pose verweilen müssen, weil jeder ein Foto will

Meist sind die Kostüme auch noch selbst genäht. Ich kenne mich in diesem Bereich leider gar nicht aus, erkenne nur ein paar der Figuren, aber schön sind sie alle. Vor allen Dingen, wenn man weiß wie viel Arbeit dahinter steckt und mit welcher Freude die Cosplayer dabei sind.

Schön, schön, schön!

Nach einem starken Kaffee stürmen wir um 10 Uhr die erste Halle. Noch ist es leer und man kann gemütlich durch die Gänge schlendern und sich von den vielen neuen Eindrücken berieseln lassen. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele Verlage es tatsächlich gibt. Überall sind neue Bücher ausgestellt. Das Herz eines jeden Bücherwurms schlägt bei diesem Anblick höher.

Die Stände der Aussteller, seien es nun Verlage oder Agenturen (etc.), sind sehr eindrucksvoll. Aber auch die Lese-Foren beeindrucken. Besonders liebevoll gestaltet sind z.B. der japanische Tee-Garten oder das Lese-Café. Uns gefällt die Einrichtung dieses Jahr noch besser als im Jahr davor. Man hat sich dieses Mal wirklich Gedanken und Mühe gemacht. Sehr gut!

Tatsächlich ist es aber so, das alles zu einer Masse verschwimmt. Nach der zweiten Halle, weiß man nicht mehr wo einem der Kopf steht und auch das Getümmel hat sich eindeutig vermehrt. Die Luft wird schlechter und wir machen eine kleine Pause am Teich, der in der Mitte des Geländes liegt.

Hier tummeln sich später viele Besucher, hier outen sich die Raucher (;D) und hier treffen sich die Cosplayer. Aber wer würde bei diesem Anblick nicht gerne eine ruhige Minute genießen und wieder etwas Kraft schöpfen?

Frische Luft und tolle Idylle.

Faszinierend an so einer Veranstaltung finde ich immer wieder, dass man völlig anonym durch eine riesige Menschenmenge laufen kann und trotzdem unzählige Kontakte knüpft. Man kommt mit den unterschiedlichsten Leuten ins Gespräch. Ich habe mich genau so gut mit anderen Buchhändlern unterhalten, wie mit Verlegern, Vertretern, Lektoren und ‚einfachen’ Besuchern.

Nach drei gewaltigen Hallen voller neuer Erkenntnisse einigen wir uns für heute abzubrechen. Wir sind müde, erschöpft und müssen noch eine Weile bis zum Hotel fahren. Um 15.30 Uhr rollt das Auto vom Parkplatz und wir fahren Richtung Schlafplatz.

Wieder fahren wir durch kleine Dörfer, doch diesmal fühlen wir uns wie Aussätzige. Uns wird selbst im Auto noch nachgeschaut. Lustigerweise, halten wir noch bei einem Supermarkt, um etwas einzukaufen. Meine Freundin und ich bleiben bequem im Auto, während unser Freund, ein Chinese, für uns reingeht. Er kam ganz erschüttert wieder, weil die Leute hier anscheinend noch nie einen Chinesen gesehen haben. Wir kringeln uns vor Lachen und winken nun allen glotzenden (anders kann man es einfach nicht bezeichnen) Passanten zu.

Dass es sich etwas schwieriger gestalten würde zum Hotel zu finden, wussten wir, da das Hotelpersonal uns am Vortag von einer Baustelle bzw. einer Umleitung berichtete. Unser Navi weiß allerdings von dieser Information nichts. Wir sehen also unser Burghotel auf diesem tollen Hügel, kommen aber einfach nicht näher ran. Ich glaube wir sind gerade zum dritten Mal um diesen Hügel herum gefahren, ohne dem Hotel selbst auch nur einen Meter näher zu kommen. Nach einer Stunde darf ich dann endlich jemanden fragen und wir finden uns innerhalb von 10 Minuten im Hotelhof ein. Meine Frage: Warum nicht gleich so?!

Alt trifft neu.

Vollkommen bepackt schleppen wir uns auf unsere Hotelzimmer. Schön, klein, aber sehr gemütlich. Nach dem wir uns alle etwas ausgeruht und frisch gemacht haben, dinieren wir im hoteleigenen Restaurant. Der Service ist klasse und das Essen schmeckt gut. Noch ein kleiner Spaziergang und dann fallen wir in unsere Betten.

Gute Nacht!

Messe-Samstag, 20.03.2010

Wieso habe ich abermals das Gefühl, dass der Tag viel zu früh beginnt? Könnte eventuell an der Uhrzeit liegen: 6 Uhr morgens. Da kommt Freude auf. Naja, ich versuche, es positiv zu sehen, denn so habe ich alle Zeit der Welt, um mich in Ruhe fertig zu machen, meine Sachen zu packen, dann auch wirklich pünktlich um 7.30 Uhr beim Frühstück zu erscheinen und vorher noch ein paar Fotos von der Burg zu schießen.

Burg

Das Essen ist, wie am vergangenen Abend auch schon, fantastisch. Es wird sich rührend um unsere Extra-Wünsche (hart gekochte Eier) gekümmert und wir können uns für den harten Tag stärken. Ehrlich gesagt, spüre ich jeden meiner Knochen und Muskeln. Wie viel doch so ein bisschen Laufen ausmacht. Wir fühlen uns alle ziemlich angeschlagen.

Das Frühstückbüffet befindet sich im Wintergarten.

Ich dränge meine Begleiter zum zeitigen Aufbruch, doch wir starten später als geplant. Als wir dann wieder Streitigkeiten mit unserem Navi haben, verlieren wir abermals an Zeit und fahren den größten Umweg, den es wohl in Leipzig gibt. Kein Wunder also, dass der Parkplatz brechend voll ist und wir uns quasi in der letzten Reihe befinden. Ich verkneifen mir meinen trotzigen Kommentar, ‚ich hab es euch ja gleich gesagt’, als ich den genervten Blick meiner Freundin bemerke. Wir lassen uns die Laune nicht vermiesen, trotz des imposanten Andranges.

Wo ist das Sauerstoffzelt?!

Wir entscheiden uns für die gestern ausgelassenen Hallen und stauben noch ein paar Leseexemplare ab. Und wer hätte es gedacht, ich entdecke sogar ein bekanntes Gesicht in der Menge. Einen Twitter-Follower und seit geraumer Zeit auch schon eine liebe Freundin. Schön, dass man sich hier im Gedränge gefunden hat und wir tauschen rasch unsere Erlebnisse aus, ehe es weiter geht.

Was mir heute besonders auffällt, ist die Freundlichkeit, gerade bei kleineren Verlagen. Wir haben fast eine halbe Stunde an einem Stand über die Nominierten des Leipziger Buchpreises diskutiert (Mal höflich formuliert). Toll, wenn man Gleichgesinnte trifft.

Richtig interessant finde ich die Erklärung und Vorführung des Buchdruckes mit einer alten Druckmaschine. Der arme Akademiker, so betitelt er sich selbst, führte uns mit seinem Witz und Charme in eine andere Zeit. Zurück in die Welt von Gutenberg. Sehr anschaulich und zum Mitmachen wird uns erklärt, wie der Buchdruck mit einzelnen Metall-Lettern funktioniert. Ein kleiner Junge aus dem Publikum hilft dem Akademiker beim Bedienen der Maschine und Bedrucken der Seite und darf diese dann mit nach Hause nehmen. Auf jeden Fall eine schöne Erinnerung.

Die Seite ist sehr gelungen!

Es scheint, als habe die Messe einen eigenen Rhythmus, denn die Zeit vergeht hier anders. Für eine Halle kann man getrost 3 Stunden einplanen, wenn man sich denn alles anschauen möchte. Logisch, dass wir völlig entkräftet sind und schon um 13.30 Uhr die Rückfahrt antreten, nachdem wir noch ein paar schicke Cosplayer fotografiert haben.

Und ich dachte, meine Füße würden wehtun.

Hey, und wer hätte es gedacht, wieder brachte uns das Navi in Schwierigkeiten. Wir sind einen Umweg von 1 ½ Stunde gefahren. Wir waren in fünf Bundesländern, innerhalb eines Tages und das soll uns mal jemand nachmachen. Wir kämpfen alle mit dem Schlaf, daher flüchten wir Mädels uns in Albernheit. Ich rechne jederzeit mit der Polizei, die uns wegen Trunkenheit am Steuer anhält. Dabei sind wir doch nur fröhlich (;D). So vergeht die Zeit schneller und wir sind endlich zurück in Dortmund.

Mein Fazit: Auch wenn ich sehr froh bin wieder zu Hause zu sein, mit meinem eigenen Bett und so, finde ich, dass es ein sehr gelungener Ausflug war. Ich kann die Leipziger Buchmesse jedem Buch-Fan nur ans Herz legen, denn hier gibt es nicht nur interessante Informationen, man kann hier auch sehr viel Spaß haben und Neues entdecken.

Vielleicht sieht man sich ja nächstes Jahr dort. Denn eins kann ich euch versichern: Ich werde wieder hinfahren!

Das nächste Mal aber ohne Navi hihi

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