Annette Schwindt über Anne Philipe, Tagebücher und die große Liebe

 

Annette Schwindt wollte wie so viele eigentlich einen Roman schreiben. Doch daraus wurde (noch?) nichts. Zuerst jobbte sie als Literaturkritikerin bei einer Tageszeitung, dann veröffentlichte sie Glossen und Kurzgeschichten, wurde in Buchprojekte von anderen involviert, begann zu bloggen. Inzwischen hat sie sich als Fachbuchautorin einen Namen gemacht und berät Verlage bei ihren Aktivitäten im Social Web. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen mit Büchern und deren Geschichte:

Mein Lieblingsfach in der Schule, das ich dann später auch studiert habe, war Französisch. Mein Lieblingsschauspieler war damals – sehr zum Entzücken meines Lehrers – Gérard Philipe. Und so stiftete mein Lehrer mich nicht nur dazu an, im Sommer 1990 an einem deutsch-französischen Schüleraustausch teilzunehmen, sondern empfahl mir auch noch „Le temps d’un soupir“ von Anne Philipe zu lesen. Beides mit nachhaltigen Folgen …

Annette Schwindt über Anne Philipe, Tagebücher und die große Liebe

Dem Schüleraustausch verdanke ich die Begegnung mit R., in den ich mich rettungslos verliebte. Nachdem er mit seiner Gruppe im Sommer 1990 den Antrittsbesuch für den Austausch bei uns in Deutschland gemacht hatte, sollte der Gegenbesuch im folgenden Sommer stattfinden. Ein Jahr warten? Für eine frisch verliebte 18jährige absolut unmöglich. 😉 Also überredete ich einen Klassenkameraden, mit mir in den Weihnachtsferien schon dorthin zu fahren.

Inzwischen hatte ich auf Anraten meines Französischlehrers besagtes Büchlein von Anne Philipe, der Frau von Gérard Philippe gelesen. Darin führt sie Tagebuch über die letzten Wochen im Leben ihres Mannes, der bereits mit 36 Jahren an Krebs gestorben ist. Ein sehr emotionales Buch, das mich tief bewegt hat. Und so bat ich R., als wir im Winter an der Côte d’Azur zu Besuch waren, mich nach Ramatuelle (bei St.Tropez) zu fahren, um Gérard Philipes Grab zu besuchen. Seine Frau Anne war gerade im Jahr zuvor verstorben und im selben Grab beigesetzt worden. Das Grab hat nur einen schlichten weißen Stein mit den Namen der beiden und liegt auf einem Hügel über dem Meer …

Etwa zwei Jahre später verunglückte R. ganz in der Nähe mit dem Auto und es war lange nicht klar, ob er das überleben würde. Ich stand unter Schock. Da erinnerte ich mich an das Tagebuch von Anne Philipe und begann, mein eigenes zu schreiben. Das war vermutlich das einzige, was mich über diese furchtbaren Monate der Ungewissheit gerettet hat …

R. fand übrigens entgegen aller ärztlicher Voraussagen wieder zum Leben zurück und hat in den Gesprächen, die wir danach geführt haben, mein Leben für immer verändert. Wie und warum, das habe ich erst nach Jahren aufschreiben können.

PS. Eigentlich sollte das Ganze mal ein Roman werden und keine Kurzgeschichte. Aber wie so oft im Leben kam es anders. Bei der Recherche lernte ich nicht nur Rasso Bruckert, sondern auch meinen späteren Mann Thomas kennen. Mit R. und seiner Schwester korrespondiere ich heute noch.

Bildquelle: NamensnennungKeine kommerzielle NutzungWeitergabe unter gleichen Bedingungen Bestimmte Rechte vorbehalten von Annette Schwindt

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