Carla Berling: ‘Bücher schreiben’ ist ein Beruf, von dem man, wenn man ihn gewählt hat, auch leben können will

Die folgenden fünf Fragen werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Carla Berling: 'Bücher schreiben' ist ein Beruf, von dem man, wenn man ihn gewählt hat, auch leben können will

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Carla Berling und ich schreibe Bücher. Zuerst waren das ein paar sendungsbewusste Projekte in kleinen Auflagen bei Kleinstverlagen, und die hatten genau den Erfolg, den sie verdienten. Nämlich keinen. Seit fast 20 Jahren arbeite ich daran, schreiben zu lernen, und ich hoffe, dass ich mit jedem Buch besser werde. Ich will mit meinen Büchern niemanden beeindrucken. Ich will unterhalten. Das Handwerk kenne ich von der Pike auf, zehn Jahre lang habe ich für Zeitungsredaktionen alles geschrieben, was in den Bauchladen einer Lokalreporterin gehört.

Mein erster Roman erschien 2007, der zweite ein Jahr später. Es folgten Satirebücher zu meinen satirischen Bühnenprogrammen – und dann ein Buch über‘s Kämpfen und Schreiben. Alles, was ich in 17 Jahren im Literaturbetrieb gelernt habe, steht da drin. Alle Siege, alle Fehler, jedes Scheitern. Dieses Buch ist sehr erfolgreich, nicht zuletzt, weil mein eigenes Guerilla-Marketing dafür gesorgt hat.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Diszipliniert und strukturiert – sonst würde ich total verlottern. Um sieben gehe ich mit meinem Hund, um acht Uhr sitze ich am Schreibtisch und lese die Onlineausgaben verschiedener Tageszeitungen. Den ersten Kaffee trinke ich bei Facebook, dort bin ich mit rund 8000 Menschen vernetzt. Das ist ein ganz wichtiges Fundament. Von 9 bis 11 bin ich beim Sport. Fast täglich. Wenn ich mir keinen körperlichen Ausgleich schaffe, kann ich nicht arbeiten. Danach erledige ich Mail, Post und Telefonate, kümmere mich um Buchungen für Lesungen, suche Veranstalter und Veranstaltungsorte, stelle Programme für Lesungen zusammen, verhandle um Honorare, pflege meine Homepage und mein soziales Netzwerk, blogge, unterhalte mich virtuell mit Lesern und Kollegen, pflege bestehende Kontakte, knüpfe neue, entwerfe Aktionen wie Verlosungen und Gewinnspiele, mache auf mich aufmerksam. Dabei ist es sehr wichtig, dass ich den Leuten zuerst etwas biete – nämlich ein bisschen Unterhaltung, bevor ich etwas anbiete – nämlich meine Bücher und Lesungen. Von 15:00 – 20:00 ist Buch-Zeit: Ich schreibe an meinem aktuellen Projekt, korrigiere das Buch, das demnächst erscheint, plane und skiziziere weitere Projekte. Und dann falle ich auf‘s Sofa und lese.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten Jahren bzw. in der letzten Zeit verändert?

Es ist leichter und schwerer geworden. Kommunikation geht schneller, fast alle Informationen der Welt sind jedem zugänglich. Wenn ich früher Hintergrundwissen in einem Buch verarbeiten wollte, ging ich in die Bücherei und suchte Fachliteratur, manchmal musste die Bücher bestellt oder im ganzen Land gesucht werden, bis ich sie mir ausleihen konnte. Ich führte Gespräche, Interviews vis a vis, in Cafés, Büros, Parks und Wohnungen. Mein Netzwerk funktionierte über Telefon, Fax und Briefverkehr. Ich wertete die Quellen aus, sichtete, sortierte, verwarf, verwendete. Heute klicke ich dreimal und habe Bilder, Fakten, Daten, ich brauche – eigentlich – nicht mal mehr an Orte fiktiven Geschehens zu reisen, denn dank Maps und Earth kann ich mir die ganze Welt ansehen. Recherche ist keine Kunst mehr. Das macht meine Arbeit leichter. Die unüberschaubare Fülle an Informationen macht sie aber auch unübersichtlicher und schwieriger. Einfacher hingegen sind die Präsentationsmöglichkeiten: Ein Video ist schnell gedreht und dient als Visitenkarte, eine CD ist schnell gebrannt, ein MP3 ruckzuck versendet. Skype, Facetime, Chat – das ist doch alles super und eröffnet eine Million Möglichkeiten.

Was ist ein typisches Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Immer wieder bekomme ich Anfragen zu Lesungen. Und immer wieder sind Menschen erstaunt bis entrüstet, wenn sie verstehen, dass ich nicht kostenlos anreisen, übernachten und lesen kann. „Aber Sie werden doch berühmt!“ – das höre ich wörtlich immer wieder. Kann sein, dass ich berühmt werde, wenn ich umsonst arbeite, satt werde davon leider nicht. Wenn den Menschen da draußen klar wäre, dass „Bücher schreiben“ ein Beruf ist, von dem man, wenn man ihn gewählt hat, auch leben können will, wäre das ein Fortschritt. Und ich möchte nie wieder hören: „Ja, gut, das ist freie Marktwirtschaft, wenn deine Bücher nicht genug abwerfen, dann musst du eben was anderes arbeiten!“

Wo finden wir Sie im Internet?

Auf meiner meiner Homepage www.carla-berling.de, auf meiner Author-Central-Seite bei Amazon, bei facebook und bei Twitter und bei youtube mit einigen Videos.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Carla Berling

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