Fred Breinersdorfer: Ich bin Autor und Anwalt

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Fred Breinersdorfer

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ich bin Autor und Anwalt. Als Autor schreibe ich Drehbücher, Hörspiele und Theaterstücke. Beruflich lese ich sehr viel, auch um zu recherchieren, hauptsächlich Sachbücher und Akten. Privat liebe ich belletristische Bücher, vor allem Klassiker, und da besonders die Russen. Fasziniert war ich zuletzt von der Neuübersetzung von „Krieg und Frieden“. Die Zeit zum Lesen nehme ich mir buchstäblich. Ich trage sie zwar nicht in den Kalender ein, aber abends und am Wochenende ist Lesezeit. Als Autor habe ich mit Primanerlyrik angefangen, die war leider ziemlich schlecht und liegt in einem geheimen Tresor ganz unten. Dann folgten die ersten Krimis Anfang der Achtziger bei Rowohlt in der legendären „schwarzen Reihe“, das war schon professioneller. Ich fand Krimis vor allem toll, weil sie damals im Literaturbetrieb nicht anerkannt waren. Es gab ständig Podiumsdiskussionen zur Frage, ob Krimis Literatur seien. Das szenische Schreiben kam fast parallel, denn meine Romane sollten verfilmt werden und ich setzte durch, dass ich die Drehbücher selbst schreiben konnte. Und vom Film war es dann nicht weit zu Theater und Hörspiel. Heute habe ich ein Werkeverzeichnis von über hundert realisierten Projekten, darauf bin ich sehr stolz.

Aber sich darauf auszuruhen kommt nicht in Frage! Deswegen habe ich jetzt wieder etwas Neues ausprobiert und bringe mein aktuelles Buch, den Politthriller BERLIN.classified über eine junge Filmemacherin, die der Affäre um Uwe Barschel auf die Schliche kommt, als eBook-Serie bei epubli heraus. Das ist meines Wissens bisher einzigartig in Deutschland: ein 600-Seiten-Buch, das nicht als dicker Schinken in gedruckter Form, sondern als eBook-Serie erscheint und das an die Inhalte und Dramaturgie von US-TV-Serien angelehnt ist. Übrigens ist BERLIN.classified mein erstes Buch als Self-Publishing-Autor, auch das ist wieder etwas Neues für mich: Ich bin gleichzeitig auch der Verleger und treffe sämtliche Entscheidungen selbst. Das Arbeiten in Eigenregie liegt mir – als Anwalt, Regisseur und Autor bin ich schließlich immer schon Unternehmer gewesen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Typisch gibt’s nicht. Meine Tage sind eine Mischung aus Recherchen, Besprechungen, Terminen, Reisen, je nach Notwendigkeit. Der Zeitdruck ist teils enorm. Wenn ich kann, nehme ich mir morgens eine Stunde Zeit für Sport, Schwimmen, Walken oder Gymnastik. Wenn ich Auswärtstermine habe, wird das knapp, denn die Maschinen ab Tegel gehen meistens zwischen 9 und 10 Uhr. In Deutschland fliege ich am häufigsten nach München, dann folgen Köln und Stuttgart, nach Hamburg nehme ich lieber den Zug. Gegen Mittag bin ich bei Besprechungen, die mindestens zwei bis drei Stunden dauern. Ich versuche, Pressetermine oder andere Kontakte so drumherum zu gruppieren, dass sich der Flug auch lohnt und ich mit der Abendmaschine noch zurück nach Berlin komme. Auf den Flughäfen erledige ich meistens die Mails. Wenn ich in Berlin bleibe, lade ich meine Gesprächspartner sehr gerne in mein Büro in Mitte ein. Ich bin bekannt für meinen guten Kaffee, der ist immer ein Argument. Nur bei den Telefon- und Skypekonferenzen, die es fast täglich auch noch gibt, hilft das leider nichts.

Ganz anders ist die Zeit zum Schreiben, die ich oft Wochen vorher festlege. Dann ist alles, Telefone, Mail usw. abgeschaltet und ich konzentriere mich auf meine Texte. Diese Tage und Stunden liebe ich sehr.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Als Anwalt hatte ich ich einen strukturierten Tag: Morgens Besprechungen und Gerichtstermine, nachmittags und abends habe ich Akten bearbeitet und Schriftsätze diktiert. Doch das ist längst vorbei. Ich bin Mitglied der Sozietät Müller-Radack in Berlin Mitte, aber ich berate nur noch gelegentlich Klienten im Urheberrecht, ein Gebiet, in dem ich auch politisch und publizistisch sehr aktiv bin. Heute bestimmt das Schreiben und die Vermarktung meiner Ideen, Filme und Bücher meinen beruflichen Alltag. Das ist zwar stressig, aber in vieler Hinsicht ein Traumberuf. Auch wenn das Publikum anspruchsvoll, die Redaktionen kritisch und die Finanziers oft knickrig sind. Zum Glück bin ich mit der Zeit auch entspannter geworden, was meine Arbeit betrifft; mich erschüttert nicht mehr, wenn scheinbare Katastrophen passieren, denn wie so oft im Medienbetrieb bleibt am Ende des Tages davon nicht viel übrig.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Das Terminchaos, der Zeitdruck und dass mein Tag nur 24 Stunden hat. In der Medienbranche arbeitet jeder auf den letzten Drücker. Obwohl ich schon so lange dabei bin, verstehe ich immer noch nicht, warum das so ist. Jedes Mal nimmt sich jeder von uns vor, die Dinge zur rechten Zeit zu erledigen und dann verschiebt sich doch wieder alles, es fehlen Recherchen und Texte und jeder will mit jedem gleichzeitig etwas besprechen. Lösungen sehe ich nicht, außer selbst gelassener damit umzugehen!

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Ich wünsche mir viel Feedback zu BERLIN.classified, meinem neuen Buch, schließlich gibt es so eine eBook-Serie zum ersten Mal und ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen! Und wenn sie gut ankommt, würde ich gern eine zweite Staffel von BERLIN.classified schreiben. Eine Idee, wie ich die Geschichte weitererzähle, habe ich schon.

Außerdem wäre ein passender Partner aus dem Filmgeschäft natürlich großartig – auch wenn das noch viel Zeit hat. Einige Kollegen aus der Filmbranche haben sich bereits nach den Rechten an BERLIN.classified erkundigt. Aber ich möchte erst einmal abwarten, wie sich die eBook-Serie entwickelt. Dann ist immer noch Zeit, sich über eine Verfilmung Gedanken zu machen!

Auf die guten Ratschläge meiner Freunde und Bekannten, es ruhiger angehen zu lassen, könnte ich hingegen gerne verzichten – denn das mache ich eh nicht!

Wo finden wir Sie im Internet?

breinersdorfer.com

facebook/breinersdorfer

twitter/@breinersdorfer

„Seilverwandtschaften“, die erste Episode von BERLIN.classified, findet man in sämtlichen Shops, u.a. bei epubli. Bis zum 20.12. kann man sie unter blog.epubli.de/berlin-classified kostenlos herunterladen. Und am selben Tag erscheint auch schon die nächste Episode „Mord, Selbstmord, Mord“!

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Fred Breinersdorfer

Anzeige (falls eingeblendet)

Schreibe einen Kommentar