Sophie Sumburane: Die “Unvereinbarkeit” von Kindern und Literaturbetrieb ist ein Problem

Sophie Sumburane: Die "Unvereinbarkeit" von Kindern und Literaturbetrieb ist ein ProblemDie folgenden sechs Fragen unserer Interviewreihe werden seit 2009 regelmäßig von interessanten Menschen beantwortet, die „was mit Büchern“ machen, und hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf Buchmenschen lenken und die zum anderen Veränderungen und Herausforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen des Publishing sichtbar werden lassen. Unser Ziel damit ist es, die Menschen noch enger in den Kontakt und Austausch zu bringen.

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Sophie Sumburane

Sophie Sumburane, Autorin und Kulturjournalistin mit Meinung. Ich schreibe gern Kriminalromane, denn wenn ich die Themen unserer Zeit bearbeiten möchte, und das möchte ich, denn es ist notwendig, ist dieses Genre geradezu prädestiniert (und ich finde es nach wie vor schade, dass ich den Drang verspüre, mich rechtfertigen zu müssen, Kriminalromanautorin zu sein und nichts „Richtiges“ zu schreiben). Ansonsten arbeite ich bei Epitext, dem Blog zum internationalen Literaturpreis am HKW, schreibe für unterschiedlichste Plattformen unterschiedliche Texte und pflege meine Liebe zur Literatur.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Mein Arbeitstag beginnt, wenn meine drei Töchter in Schule und KiTa sind. Typisch ist bei mir aber nichts, denn ich arbeite (zum Geld verdienen) mal in einem Inhaberinnen-geführten Buchladen, mal in einer Zwei-Mensch-Agentur, (für meine persönliche Freude) mal an meiner Dissertation und mal an meinen eigenen Texten (Buch, Blog, etc.) und das meist absteigend nach Dringlichkeit.

Bei meinen externen Jobs bin ich oft Einsprung für Krankes-Kind-Ausfälle. Für mich selbst springt bei meinem kranken Kind an meinem Schreibtisch niemand ein.

Ich arbeite gern in der Bibliothek, weil ich das aus Studienzeiten noch so gewohnt bin, habe Facebook und Twitter offen, woraus oft die eine oder andere (wütende) Text-“Idee“ entsteht.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Früher schrieb ich meine Texte nur für mich, heute werden sie von zahlreichen Menschen gelesen, kommentiert und geteilt, das erschreckt mich immer mal wieder ein bisschen. Ich bekomme zum Glück noch mehr freundliche Nachrichten als Hassmails. Wenn ich einen Text schreibe, stelle ich – das habe ich mir im Laufe der Jahre angewöhnt – die Bremse in meinem Kopf aus, was dazu führt, dass ich mich sehr angreifbar mache, was reichlich genutzt worden ist. Dadurch habe ich aber auch große Solidarität erlebt und viele Menschen kennengelernt, die ich heute sehr mag und schätze und die sich in welcher Form auch immer gegenseitig unterstützen und diese positive Unterstützung im Kampf gegen Unsinn ist es, die ich als die schönste Veränderung in meinem Arbeitsalltag wahrnehme.

Was ist ein Problem, für das Sie eine Lösung suchen?

Ganz platt kann man hier natürlich sagen: Die AfD, der Rechtspopulismus, rechtes Gedankengut, Menschenfeindlichkeit, Verrohung, oder allgemein: die Krise der Empathie. Nach einem Podium im Rahmen von #Verlagegegenrechts kam eine Dame auf mich zu und sagte: „Sie fordern Empathie, doch haben Sie eigentlich Empathie für die AfD-Wähler?“ Und ich habe es wirklich versucht, aber für Hass und den Wunsch, andere im Meer ertrinken zu lassen, kann ich in mir kein wie auch immer geartetes Verständnis finden, ganz gleich, wie vermeintlich schlecht es einem selbst gehen mag.

Ein anderes Problem, das ich gern anspreche, ist die „Unvereinbarkeit“ von Kindern und Literaturbetrieb. Wie Marcel Reich-Ranicki einst sagte: „Wenn Autorinnen Kinder bekommen, ist es oft vorbei mit dem Schreiben.“ Das stimmt, aber nicht aus dem Grund, den er meinte, weil Autorinnen plötzlich zur Brei im Kopf habenden Mutti mutieren würden, sondern weil die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Allgemeinen und Frauen mit kleinen Kindern im speziellen Autorinnen dazu zwingt, irgendwie das Geld zu verdienen, das sie sonst vielleicht als Aufenthaltsstipendiatin oder durch andere Förderung bekommen könnten. Auch das Geld, das sie nicht verdienen, weil ihre Bücher seltener besprochen werden, sie seltener zu Lesungen eingeladen werden und sie seltener dies und das – NICHT, weil sie schlechter schreiben würden. Punkt.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

Menschen, die einen Plan haben (wollen), wie man die AfD los wird. Menschen, die gern gute Bücher lesen und sich gegenseitig darin unterstützen möchten, als freischaffende(r) Autor(in) bestehen zu können. Ich habe tendenziell eher keine Zeit, mich irgendwo zum Schnattern in ein Café zu setzen, kommuniziere aber gern übers Internet. Ich mag Menschen, die den Austausch unterschiedlichster Kulturen befördern möchten und die Ideen haben, wie frischer literarischer Wind in den „Klassiker-Kanon“ Einzug halten kann.

Wo finden wir Sie im Internet?

 

Sophie SumburaneDas Zitat lautet übersetzt: »Ich wünschte, mein Leben wäre wie ein Haus: mit offenen Fenstern für die Träume und offenen Türen für die Menschen.«

 

Fotos: privat (oben) und Midinho Sumburane (unten)

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