Erik Hilse: Buchfinanzierung mittels Crowdfunding bei Startnext

Erik Hilse: Buchfinanzierung mittels Crowdfunding bei Startnext

Über Erik Hilse

Sie beschenkt mich mit einem bösen Blick, ihre stark geschminkten Augen funkeln unfreundlich hinter der Brille mit den verschmutzen Gläsern. „Ihre altmodische und abgetragene Jacke wird den nächsten Waschgang nicht mehr überstehen.“ denke ich noch, als sie sich mit ihren vollbepackten Einkaufstaschen an mir vorbei zwängt. Damit ich nicht das Gleichgewicht verliere, muss ich mich am Ständer mit den Hundekalendern für das Jahr 2012 festhalten. Die Dame kommt nicht weit, macht Halt am Stapel mit den neusten Werken von Charlotte Link und beginnt augenblicklich in „Das andere Kind“ zu blättern.

So geht es mir oft an einem Samstagvormittag in einer Buchhandlung einer sächsischen Großstadt. Jeder von uns hat diese Erfahrung mit Sicherheit schon gemacht: Die Leute schieben sich aneinander vorbei, stehen in den Gängen im Weg und diskutieren lauthals mit ihrem Einkaufspartner, ob das als Buchliebhaber bekannte Geburtstagskind das neue Werk von Simon Beckett schon im Schrank stehen hat. Lauthals schreit ein alter Mann Richtung Kasse: „Renate, leg das Buch wieder hin, wir kaufen es im Internet, da ist es viel billiger als hier.“ In solchen Momenten frage ich mich oft, ob die Kunden wirklich verstehen, welcher finanzieller Aufwand hinter einer Buchproduktion steckt. Wie viel Kosten kommen auf den produzierenden Verlag zu, und welche Vor- und Nachteile hat dadurch der Autor?

Eine neue Art der Printprodukt-Finanzierung ist jetzt mittels Crowdfunding auf startnext.de möglich. Bei Crowdfunding geht es um die Finanzierung eines Projektes anhand von Freunden, Interessierten und Fans – den sogenannten Unterstützern. Jeder von ihnen gibt einen kleinen Teil des erforderlichen Gesamtbudgets an den Projektinitiator und kann dann zwischen mehreren, individuellen Dankeschöns wählen – beispielsweise dem fertigen Buch mit persönlicher Widmung oder ein Cafébesuch mit dem Autor. Mit Startnext können Autoren auf einer personalisierbaren Seite ihr Projekt vorstellen, Bilder und Videos einbinden, sowie ausführlich das Projekt beschreiben und die Dankeschöns erklären.

Claudia Füssel ist eine von diesen Autoren. Als sogenannte Starterin rief sie ein Buchprojekt mit dem Titel „Es war einmal… in Liberia“ ins Leben. Im Buch geht es um Märchen aus dem Land Liberia, die den Leser über die Traditionen und Kultur des Landes informieren sollen. Mit dem gesammelten Geld will Claudia Füssel die Bindung und den Druck des Buches finanzieren. 770 Euro war die gewünschte Summe, welche sie durch Fans und Interessierte erreichte. Die Unterstützer erhalten beispielsweise ein signiertes Exemplar für ihre finanzielle Hilfe und werden im Buch namentlich erwähnt.

Eine ganz andere Form war für Starter Heiko Sievers interessant. Er malt leidenschaftlich gerne Pilze und konnte über Startnext sein Projekt erfolgreich finanzieren lassen und nun ein Katalog mit seinen besten Pilz-Gemälden veröffentlichen.

Mit dem Low Kunstmagazin punktete Starter Mario Damian. Im Zentrum der Publikation für junge Kunst stehen Künstler aus den Bereichen Urban Art, Plakatkunst, Illustration, Comic, Lowbrow sowie der zeitgenössischen und klassischen Kunst. Von geforderten 3410 Euro kamen immerhin 3431 Euro zusammen. Das zusätzlich eingenommene Geld steht Damian zur freien Verwendung im Rahmen des Projekts zur Verfügung.

Zu jedem benötigten Budget kommt ein Anteil von 9% hinzu, der sich aus 4% Provision für Startnext und 5% als Anteil für einen Crowdfonds zusammensetzt. Das Geld im Fond dient zur zukünftigen, anteiligen Finanzierung von Projekten. Über dessen Verwendung wird in naher Zukunft von Künstlern und Kulturschaffenden bestimmt.

Welche Motivation haben Autoren und Künstler, ihre Projekte bei Startnext einzustellen? Zum einen sind sie komplett unabhängig von Verlagen und dessen Ansichten. Sie können frei über die Verwendung des Geldes im vornherein entscheiden und müssen sich nicht mit dem langwidrigen Ausfüllen von Förderanträgen beschäftigen. Die Beantragung von Stiftungsgeldern kann durchaus auch eine zusätzliche Option sein, um sich bestimmte Teilbereiche des Projektes finanzieren zu lassen. Desweiteren können mittels Crowdfunding beispielsweise die Druckkosten im Vorfeld finanziert werden oder der Starter kann neben der Bekanntmachung in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter auch ganz klassische Mundpropaganda auslösen.

Für die Unterstützer ergibt sich die Möglichkeit, durch geringe Geldbeträge sich exklusive Dankeschöns zu sichern, die es so nicht im Handel zu kaufen gibt. Als Dankeschöns empfehlen sich signierte Buchexemplare mit namentlicher Widmung oder eine Einladung zur Lesung mit persönlichem Gespräch. Ebenfalls denkbar ist die namentliche Nennung des Supporters als Förderer im Buch selbst. Dadurch erfolgt eine Bindung des Fans an den Starter, und für beide ergibt sich so eine Win-Win-Situation.

Um ein Projekt auf Startnext erfolgreich zu finanzieren, sollte der Starter sein Vorhaben ausreichend beschreiben sowie Bilder und nach Möglichkeit ein Video einbinden. Die Verwendung des Geldes sollte ausgiebig beschrieben und das Team hinter dem Projekt vorgestellt werden. Die Dankeschöns sollten für die Supporter attraktiv sein und die finanziellen Abstufungen nicht allzu groß. Werden diese Faktoren berücksichtigt, steht die Chance gut das Projekt erfolgreich zu finanzieren.

Zurück zur Dame vom Anfang in der Buchhandlung. Sie hat inzwischen das Werk von Charlotte Link zur Kasse getragen und fingert nun seit gefühlten fünf Minuten nach Kleingeld. Die Warteschlange geht bereits durch den halben Laden. Wie würde sie reagieren wenn man ihr verrät, dass die Unterstützung auf Startnext komplett bargeldlos funktioniert?

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