Ulli Engelbrecht: Ich bin ein hoffnungsloser Nostalgiker

Ulli Engelbrecht
Ulli Engelbrecht

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ich bin Journalist, Musiker und ein hoffnungsloser Nostalgiker. Vor allem, wenn`s um Musik geht. Es gab ja schon die Bücher „Licht aus – Spot an“ über die 70er-Jahre, als Großformat und abgespecktes Taschenbuch, 1995, und „Skandal im Sperrbezirk“ über die 80er-Jahre, 1999 veröffentlicht, die seinerzeit beim Klartext-Verlag bzw. Fischer Taschenbuch-Verlag erschienen. In den Geschichten damals ging es mehr ums persönliche Empfinden der Zeit mit Sweet, Slade, Pril-Blümchen, Ottifanten, Depeche Mode, Fernsehserien wie „Miami Vice“, „Dallas“ oder Ilja Richters „disco“. Beides Kultbücher heute. Längst vegriffen.

Beim „Samtcord, Strass & Soundgewitter“-Buch, das ich bei BoD veröffentlicht habe, stehen in den 32 Stories eher Typen, Gefühle, Gedanken, Stimmungen im Mittelpunkt. Mir ist wichtig, dass sich beim Leser die rockige Klangwelt vor dem inneren Ohr abspult, dass man den Bunker- und Pfarrheim-Partyraum-Geruch der 70er in der Nase hat oder unseren Angstschweiß aus den 80ern riecht, einem nicht nur musikalisch schlimmen Jahrzehnt, in dem atomare Bedrohung und Umweltkatastrophen allgegenwärtig waren und von einlullender Synthie-Popmusik ummantelt wurden, damit`s nur keiner merkt. Ich möchte die Erinnerungen wachhalten, da für mich und meine Generation (ich bin Jahrgang 1957) diese zwei Jahrzehnte nunmal prägend waren. Mit der bunt schillernden Rockmusik dieser Zeit zwischen Interrail und Seniorenpass sind wir groß geworden und ließen uns während der Selbstfindung von Progressive-Rock, Latin-Rock, Fusion-Rock, Psychedelic usw umwehen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Ich bin ja professioneller Hobby-Autor und wesentlich mehr damit beschäftigt, Marketing in eigener Sache zu betreiben, zusatzlich noch Lesungen zu konzipieren und zu organisieren. Und ganz „nebenbei“ übe ich auch noch einen intensiven Brotberuf aus. Somit bleibt nur Zeit fürs Sammeln: Ich notiere Fragmente, Überschriften, Stichpunkte. Manchmal auch nur ein Satz, eine Redewendung, einen Songtitel, eine Beobachtung. Ich mache mir dann auch keine weiteren Gedanken darüber, sondern lege all diese Notizen in eine Mappe. Und mit dieser Mappe im Gepäck klinke ich mich dann ein-, zweimal im Jahr für ein paar Wochen aus dem Alltag aus und fabuliere aus diesen Fundstücken Geschichten.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten Jahren bzw. in der letzten Zeit verändert?

Wir haben heute in allen Lebensbereichen eine große Selbstverantwortung und müssen uns um alles irgendwie selber kümmern. Ob wir Geld ziehen, Fahrkarten kaufen oder irgendwelche Nummern korrekt in elektronische Waagen eingeben müssen, um den korrekten Preis auf fünf Äpfel zu kleben, weil die Kassiererin diesen Service nicht mehr bietet. Wir werden kaum noch ans Händchen genommen. Verlage sind ebenfalls äußerst zurückhaltend, wenn es darum geht, neuen Autoren und ihren Ideen eine Chance zu geben. Ich finde das BoD-Prinzip daher sehr gut. Ich mache dort mein eigenes Ding, keiner quatscht mir rein. Das Buch sollte dann allerdings schon in Aufmachung und Inhalt den üblichen Markt-Qualitäten genügen.

Nach dem selber machen kommt dann das selber vermarkten. Auch das ist heute anders: Du musst raus aus deiner Wohnung und starke Präsenz zeigen. Nutze auf jeden Fall das Internet, kommuniziere in Blogs und sozialen Portalen, stelle eine ordentliche Homepage online, knüpfe Netzwerke, such` dir ungewöhnliche Orte für Lesungen, gründe Lesebühnen, überlege dir Kooperationen mit Kollegen, lasse dir pfiffige Themenabende einfallen – Der Weg ist das Ziel, denn der potentielle Buchkäufer möchte bespaßt werden und kommt dann auch vorbei, kauft, erzählt es weiter und so fort. Das ist für einen Autor, der eigentlich nur schreiben will, zwar ein zusätzlicher großer Aufwand, aber es zahlt sich aus und – ein wichtiger Aspekt nebenbei – man lernt jede Menge netter Menschen dabei kennen.

Was ist ein typisches Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Dass soviel Lebenszeit für Dinge drauf geht, die allesamt keinen Spaß machen: Oder – um es mit Frank Zappa zu sagen: „Ohne Musik ist die Zeit nichts anderes als ein Haufen langweiliger Termine, die man einhalten muss, um seine Miete bezahlen zu können.“

Wo finden wir Sie im Internet?

Auskunft gibt meine Homepage unter www.ulli-engelbrecht.de. Man findet mich und mein Buch aber auch bei BoD, Facebook, Xing oder Lovely Books. Das Buch selbst, auch die ebook-Version, ist in vielen Buchportalen wie www.libri.de oder www.jpc.de gelistet.

Bildquelle: Volker Beushausen (www.beushausenbild.de)
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Diese fünf Fragen werden regelmäßig von interessanten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen.

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