Hilke-Gesa Bußmann: Ich suche Verknüpfungspunkte zwischen digitaler Literatur, Social Web und Social Media

Die folgenden fünf Fragen werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Hilke-Gesa Bußmann Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ich bin verliebt in Literatur und baue sie daher an jeder nur erdenklichen Stelle in mein Leben ein. Ganz nach dem Motto „Literatur ist meine Leidenschaft“ haben mich Bücher und E-Books fest im Griff. Kein Wunder, dass ich mich also dieser Leidenschaft geneigt und Germanistik an der Goethe Universität in Frankfurt am Main studiert habe. Als Literaturwissenschaftlerin blicke ich in die Bücher hinein, beschäftige mich mit Theorien und stelle noch viel lieber eigene auf. Aber mein Leben mit Literatur hat noch eine andere Seite: Ich bin Autorin, eine, die das Schreiben zu ihrer Hauptaufgabe zählt und sich selbst nur zu gern in den eigenen Welten verliert. In meiner Arbeit als Autorin experimentiere ich gerne und versuche, Verknüpfungspunkte zwischen digitaler Literatur, Social Web und Social Media zu finden. Seit Februar 2012 arbeite ich als Self-Publisherin am Projekt „Die Legenden der Weltentaucher“, einem vorwiegend digitalen Fantasy-Serienroman, und den „Weltentaucher-Literaturfreunden“, einem dazugehörigen Social-Media-Projekt. Mein Ziel dabei ist es, mich selbst als Autorin vor neue Herausforderungen zu stellen, die Wissenschaft und das Schreiben in einer Balance zu betreiben, die mir ermöglicht, Ideen zu realisieren und den Lesern eine Freude zu bereiten.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Das Schreiben nimmt neben dem Lesen und Recherchieren einen großen Teil meines Alltags ein. In der literaturwissenschaftlichen Arbeit geht es mir darum, Theorien miteinander zu verbinden und neue Verknüpfungspunkte zu entdecken. Neben meinem Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur hat es mir besonders die Beschaffenheit und Entwicklung der Digitalisierung von Literatur und das Self-Publishing angetan. Mein wissenschaftliches Interesse an diesen Themen geht mit meinem Experimentieren als Autorin Hand in Hand. Gemeinsam mit den Weltentaucher-Literaturfreunden, einer Gruppe verschiedener Nachwuchskünstler, versuche ich, die neuen Formen der digitalen Literatur, beispielsweise das multimediale E-Book, auszuprobieren und die Grenzen zu erfahren und zu erweitern. Hierbei vertrauen wir auf unsere Visionen, unsere Träume und Kreativität! Mein Schreiballtag beginnt meist abends, wenn die Welt sich scheinbar langsamer dreht und ich die Ruhe in der Dunkelheit finden kann, mit Worten zu arbeiten und zu spielen. Tagsüber gestaltet sich die wissenschaftliche Arbeit entspannter und verständnisvoller. Bei all den Inspirationen, die draußen und im Social Web auf einen warten, weiß man allerdings nie, wann die nächste Idee anklopft und Aufmerksamkeit braucht.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten Jahren bzw. in der letzten Zeit verändert?

Im letzten Jahr hat sich vor allem meine Einstellung gegenüber Neuem verändert. Ich scheue mich nicht mehr, Dinge auszuprobieren und meine Visionen zu realisieren. Früher war ich der Meinung, es gäbe keine Alternative zum traditionellen Publizieren. Bücher und Verlage waren in meiner Vorstellung ein unzerstörbarer Komplex. Mittlerweile denke ich, dass durch die Möglichkeiten der Digitalisierung im Self-Publishing durchaus interessante Literaturprojekte entstehen können. Ich beobachte zunehmend, dass Autoren Grenzen überschreiten, sich und neue Arten des Storytellings ausprobieren oder erfinden. Und auch auf Seiten der Leser findet diese neue oder veränderte Form des Erzählens und somit Lesens Anklang. Diese Entwicklung ist aus meiner Sicht positiv, sie bringt frischen Wind in die oftmals verstaubte Auseinandersetzung mit Literatur und macht Neuerungen möglich.

Und diese Veränderungen führen mich dazu, in vorher noch ungeahnte Richtungen weiterzudenken. Ich fasse die Situation, den so oft genannten Umbruch der Buchbranche, nicht als negativ oder beschwerlich auf, sondern als Chance. Eine Chance, die genutzt werden will und auch genutzt werden muss, um aus der digitalen Literatur das zu machen, was wir uns erträumen. Ich hoffe, dass auch die allgemeine Buchbranche auf diese Veränderungen reagieren wird und Autoren als Self-Publisher (wobei gesagt werden muss, dass der Begriff äußerst eingrenzend und in vielen Fällen unpassend ist …) und Verlage in Zukunft neue, kreative und lukrative Wege der Zusammenarbeit finden.

Was ist ein typisches Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Die typischen Probleme wachsen und verändern sich mit der selbst gestellten Herausforderung. Den Umbruch als Chance zu verstehen und sich selbst zuzugestehen, Ideen auf eigene Faust realisieren zu wollen, bringt eine Reihe von Problemen mit sich, die allerdings nicht von neuer Natur sind. Ein wirklich typisches Problem meiner Arbeit ist das Verhältnis der (deutschen) Leserschaft zur digitalen Literatur. Natürlich sind E-Books mittlerweile von vielen Seiten akzeptiert und werden auch als Medium mit literarischem Inhalt angenommen. Die Vorstellung, was E-Books allerdings wirklich sind und dass man sie nicht mit dem Medium Buch gleichsetzen kann, ist allerdings noch zu gering verbreitet. Immer wieder sage ich den Satz „E-Books sind kein Ersatz, sondern eine Alternative zum gedruckten Buch“ in Diskussionen und Vorträgen, erläutere den medialen Unterschied sogar im Essay „Das Prinzip E-Book“ (erschienen 2012 bei Fleet Street Press FFM), aber die Gleichsetzung findet dennoch statt. Diese Einstellung erschwert die Entwicklung der digitalen Literatur, die meiner Meinung nach nicht bei der Adaption reiner Texte von analog nach digital stehenbleiben darf, sondern sich noch ausweiten muss. Ich sehe die Zukunft in multimedialen E-Books (neben klassischen E-Books). Es könnte so schön sein: Ein Medium, das zugleich Hintergrundinformationen, interaktive Elemente und eine Verbindung mit sozialen Netzwerken, anderen Lesern und dem Autor/ den Autoren/ Künstlern ermöglicht. Kritiker werden nun den „gläsernen Leser“ anführen, ich sage: In einer Zeit, in der soziale Netzwerke schon beinahe wie Visitenkarten oder Personalausweise zu einer Person gehören und die Privatsphäre mit der Öffentlichkeit verschmilzt, ist es eine positive und angenehme Entwicklung, die technisch realisierbaren Details auf multimediale E-Books anzuwenden und Literatur zu einem ganz neuen Erlebnis zu machen.

Ich versuche, einen ersten Schritt zu machen und diese Vorstellungen mit den Weltentaucher-Literaturfreunden und einem geringen Budget zu realisieren. Und ich hoffe sehr, dass sich sowohl das Verständnis bezüglich digitaler Literatur noch verändert als auch meine Vorstellungen nicht Träume bleiben.

Wo finden wir Sie im Internet?

Informationen zu mir und meiner Arbeit sind zu finden auf der Website www.hilke-gesabussmann.de. Auf dem Blog www.blog.hilke-gesabussmann.de berichte ich regelmäßig aus dem Leben als Autorin und Wissenschaftlerin und versuche, den Diskurs zur digitalen Literatur aufrecht zu erhalten. Informationen über das Weltentaucher-Projekt gibt es auf www.weltentaucher.hilke-gesabussmann.de.

Natürlich bin ich auch in den sozialen Netzwerken unterwegs: Auf Facebook findet man mich unter www.facebook.com/hilke.bussmann (persönliches Profil) oder unter www.facebook.com/HilkeGesaBussmann/ (Autoren-Fanpage) und auf Twitter unter www.twitter.com/HilkeBussmann. Ich freue mich über jede anregende Diskussion und netten Kontakt!

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Hilke-Gesa Bußmann

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