Mathias Nolte: Ich bin Schriftsteller, ich schreibe Bücher und ich lese sie

Die folgenden Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Mathias Nolte

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ich bin Schriftsteller, ich schreibe Bücher und ich lese sie. Früher habe ich sie auch oft in Zeitungen besprochen. Vor vierzig Jahren habe ich sie sogar gemacht. Ich bin gelernter Verlagsbuchhändler. Ich habe in der Herstellung gearbeitet, im Vertrieb, in der Werbung und im Lektorat. Verkaufen musste ich die Bücher natürlich auch – sechs Wochen lang in der Münchner Autorenbuchhandlung, die ich als Lehrling unter Inge Poppe mitgegründet habe. Zur Zeit muss ich nur noch meinen vierten Roman verkaufen, Miss Bohemia. Damit ich nichts anderes mehr in meinem Arbeitsleben machen muss als Bücher zu schreiben, hoffe ich, dass mir das mindestens ebenso gut gelingt wie bei den drei Romanen zuvor.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Ich stehe auf, wenn ich aufwache, meistens ist das zwischen acht und halb neun am Morgen. In den letzten sieben Jahren habe ich vielleicht dreimal einen Wecker gebraucht. Das ist ein großer Luxus, der meinem Kardiologen gefällt. Wenn ich jetzt noch die Zigaretten weglasse, die ich zum Frühstück rauche, und die Espressi von fünf auf einen reduziere, ist er ganz zufrieden. Nach dem Frühstück lese ich Zeitung – so wie früher, also ich schlage ein Blatt Papier nach dem anderen um. Danach arbeite ich drei Stunden. Normalerweise korrigiere ich zuerst den Text, den ich am Vortag geschrieben habe. Mittags gehe ich eine Zeitlang auf den Boulevard und guck mir Leute an. Wenn ich einen Flaschensammler sehe, habe ich Angst, dass ich auch einmal Flaschen sammeln muss. Am Nachmittag arbeite ich noch mal drei Stunden, bevor ich am Abend einen Roman von Simenon lese, weil der die Menschen am besten durchschaut hat.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten Jahren bzw. in der letzten Zeit verändert?

Früher habe ich zwölf Stunden am Tag gearbeitet, heute sechs, früher habe ich Tipp-Ex benutzt, heute die Delete-Taste, früher bin ich zu Fuß ins Archiv oder in die Bibliothek gegangen, heute gehe ich auf Zeigefingern ins Internet. Früher habe ich Briefmarken geleckt und Erdbeeren gegessen, die wie Erdbeeren schmeckten.

Was ist ein typisches Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Immer die nächste Seite. Manchmal hätte ich es gern, dass der Computer ohne meine Hilfe die nächste Seite für mich schreibt und ich mir unterdessen Fellinis Dolce Vita ansehe, Singin’ in the Rain oder Homeland. Aber so weit hat mich der süße Fortschritt noch nicht getragen.

Wo finden wir Sie im Internet?

Mich findet man zum Glück dort noch gar nicht – meinen Namen hingegen schon öfter. Gelegentlich wundere ich mich dann, was da so alles geschrieben steht. Auf Wikipedia, zum Beispiel, steht, dass ich Chefredakteur von Penthouse war. Das war ich nie. Sekunden, nachdem ich versucht habe, den Fehler zu ändern, kommt ein Geist und macht die Korrektur rückgängig. Dass ich Chefredakteur der deutschen Ausgabe des US-Wirtschaftsmagazin Forbes war, will der Anonymus oder die Anonyma auch nicht wahrhaben. Inzwischen ist mir das aber egal. Wer mich im Netz sucht, soll auf meine Homepage gehen, auf Facebook oder auf hanser-literaturverlage.de.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Mathias Nolte

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