Kristine Listau: Wir leiten den Verbrecher Verlag

Die folgenden sechs Fragen unserer Interviewreihe werden seit 2009 regelmäßig von interessanten Menschen beantwortet, die „was mit Büchern“ machen, und hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf Buchmenschen lenken und die zum anderen Veränderungen und Herausforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen des Publishing sichtbar werden lassen. Unser Ziel damit ist es, die Menschen noch enger in den Kontakt und Austausch zu bringen.

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Jörg Sundermeier und Kristine Listau

Jetzt bin ich vor allem Verlegerin. Zusammen mit meinem Mann Jörg Sundermeier leite ich den Verbrecher Verlag. Die letzten vier Jahre war ich zudem Literaturagentin. Es hat sehr viel Spaß gemacht, gute Texte und Autor*innen zu entdecken und den tollen Lektor*innen in den anderen Verlagen vorzustellen. Ich liebe das Netzwerken und den Literaturbetrieb. Unser Verlag verlangt jedoch immer mehr meine Zeit und macht noch mehr Spaß, daher konzentriere ich mich aufs Verlegen, vertrete aber noch ein Paar Autor*innen und berate Gastländer der Frankfurter Buchmesse wie zum Beispiel Georgien oder Slowenien.

Zuvor arbeitete ich im Frankfurter Kulturamt, organisierte vor allem Literaturfestivals wie LiteraTurm oder Open Books, so lernte ich meinen Mann kennen, zog nach Berlin und stieg in den Verlag ein.

Ich liebe es, mit Autor*innen an ihren Texten zu arbeiten. Ich liebe die Aufregung, die beim ersten Lesen entsteht, wenn man weiß, dass man unbedingt diesen Text machen will. Und ich liebe das Lesen. Nichts anderes kann uns Erkenntnis und Selbstreflektion derart ermöglichen wie gute Bücher.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Kaffee kochen, E-Mails lesen. Viel telefonieren. Büroalltag. Dazu kommen Autor*innenbesuche für Ideenentwicklungen und Lektoratsbesprechnungen, Brainstorming für Presse- und Veranstaltungsarbeit, Buchhaltung. Viel Kaffee, viel tippen, viel reden. So von 10 bis 18 Uhr. Später entweder zuhause Manuskripte prüfen, lektorieren, Programm überlegen oder eine Buchpremiere unserer Autor*innen besuchen, mal auch moderieren, Wein trinken, rauchen und Bücher verkaufen.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Ich bin ja erst seit vier Jahren Verlegerin. Zunächst habe ich allerdings nur die Geschäftsführung und den Vertrieb übernommen. Seit zwei Jahren lektoriere ich auch. Seit einiger Zeit muss ich auch E-Book-Honorare abrechnen. Haha. Zu richtigen Änderungen gehört wohl die Reduzierung unseres Belletristikprogramms, Ausweitung der Sachbücher und der Zusammenarbeit mit Institutionen für Dokumentationsbände oder Ausstellungskataloge. So reagieren wir auf den Rückgang der Buchkäufer*innen und Besprechungen.

Kristine Listau

Immer weniger Verkäufe erfolgen auf Rezensionen in gedruckten Zeitungen, was ich überhaupt nicht verstehe. Ich liebe Zeitungen und hoffe sehr, dass sie überdauern. Am liebsten in gedruckter Form. Jedenfalls müssen wir Lösungen auch außerhalb der klassischen Aufmerksamkeitsindustrie suchen, sind sehr präsent auf Social-Media-Kanälen, entwickeln Film-Kampagnen etc. Allerdings denke ich, dass es immer schon eine Herausforderung war, gute Bücher allen bekannt und zugänglich zu machen. Man darf nicht die Strategie „Ich bin eine Blume, vielleicht kommt jemand vorbei und pflückt mich“ verfolgen, sondern muss viel, sehr viel tun. Mit Mut, Begeisterung, Neugier und Spaß.

Was ist ein Problem, für das Sie eine Lösung suchen?

Auch wir, obschon wir schon sehr buchwahnsinnig agieren, müssen aus ökonomischen Gründen das eine oder andere großartige Buchprojekt ablehnen, ein/e Mäzen*in muss her. Das wäre sehr, sehr fein. Aber da habe ich ja schon die Lösung, nur noch keine/n Mäzen*in. Daher:

Wie kriegt man den Rassismus/Sexismus/Antisemitismus/Hass aus den Köpfen? – Das beschäftigt mich sehr. Wer hat die Lösung parat?

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

Ich lese privat sehr gerne Science Fiction. Mit Dietmar Daths Büchern wurde zudem unser Verlag gegründet. Aber wir haben schon lange nichts in der Richtung veröffentlicht, zuletzt immerhin den sehr guten Genremix aus Detektivgeschichte, Road Movie und Science Fiction „Über uns der Schaum“ von Hendrik Otremba. Jedenfalls wäre ich bei deutschsprachigen Manuskripten, die literarisch versiert in diesem Genre arbeiten, sehr neugierig. Tipps fürs Lesen, auch immer her damit.

Ich berate supergerne Gastländer, das gehörte bereits zu meinen Aufgaben im Frankfurter Kulturamt, wo es eher um Veranstaltungskonzepte und Vernetzung mit Frankfurter Institutionen ging. Nunmehr helfe ich beim Überblick über die deutschsprachige Verlagslandschaft, bei der Presse- und Veranstaltungsarbeit. Wenn solche Kompetenz erwünscht ist, ob bei Gastlandauftritten oder ähnlichen Konzepten, melden Sie sich bitte.

Es wäre schön, wenn unsere Bücher in anderen Sprachen zugänglich wären. Wir finden häufig interessierte Übersetzer*innen, aber kennen kaum Verlage in anderen Ländern. Da bräuchten wir Hilfe.

Kontakt zu oder von einer/einem Mäzen/in wäre natürlich auch sehr hilfreich.

Wo finden wir Sie im Internet?

www.verbrecherei.de – ist unsere Verlagswebseite. kristine.listau@verbrecherei.de ist meine E-Mail-Adresse. Auf Facebook, Instagram und ganz frisch auch auf Twitter findet man mich, ebenso auf Goodreads.

Bildquelle: Kristine Listau

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