Carola Christiansen: Ich bin Präsidentin der Mörderischen Schwestern

Die folgenden sechs Fragen unserer Interviewreihe werden seit 2009 regelmäßig von interessanten Menschen beantwortet, die „was mit Büchern“ bzw. Publishing machen, und hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf Buchmenschen und Publisher*innen lenken und die zum anderen Veränderungen und Herausforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen des Publishing sichtbar werden lassen. Unser Ziel damit ist es, die Menschen noch enger in den Kontakt und Austausch zu bringen.

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern bzw. mit Publishing?

Carola Christiansen

Zuerst leuchte ich mal den Ist-Zustand aus. Ich heiße Carola Christiansen und bin Expertin für Nervenkitzel! Das reicht nicht? Habe ich mir fast gedacht! Ich bin Präsidentin der Mörderischen Schwestern! Immer noch nicht genug? Gut. Vor etwa drei Jahren habe ich mit dem professionellen Schreiben von Kriminalromanen begonnen. Davor war ich jahrzehntelang in der Personaldisposition einer großen Fluggesellschaft beschäftigt.

Ich lebe seit fast zehn Jahren in Hamburg Altona und lasse mich von diesem lebendigen Stadtteil beim Schreiben inspirieren.
Spannung made in Altona. Ouch! Da bin ich tatsächlich in die Denglisch-Falle getappt. Aber Suspense hätte wahrscheinlich nicht jeder verstanden, außerdem wollte ich keinen vollständig englischen Slogan. Der Satz ist mir irgendwann eingefallen, und ich fand ihn gut.

Mein erstes Buch, Der andere Zwilling, habe ich in Eigenregie geschrieben, drucken lassen und verlegt. Das Cover hat eine Freundin von mir gestaltet, eine andere hat den Text lektoriert und für den Print habe ich eine kleine Druckerei in Süddeutschland gefunden. Ich versende die bestellten Bücher selbst, oder liefere sie persönlich aus, wenn die Buchhandlung in der Nähe ist. ISBN-Nummer, Listung im VLB – alles tiptop! Ich bin ein Verlag, yeah!

Mein zweites Manuskript, Die rätselhafte Frau, hat ein “echter” Verlag übernommen. Super! Von Hilfe bei der PR, professionellem Lektorat über “nichts zu tun mit dem Vertrieb”! Dass der Verlag ein familienbetriebenes Unternehmen mit Sitz in Hamburg Ottensen ist, schadet auch nicht.

Zurücklehnen tue ich mich natürlich trotzdem nicht, das ist nicht meine Art. Durch meine Position im Verein Mörderische Schwestern (genialer Name, oder? Ca. 600 Mitglieder im deutschsprachigen Raum), bin ich auch im Netzwerk Autorenrechte (NAR). Unter dieser Bezeichnung haben sich mittlerweile vierzehn namhafte deutsche SchriftstellerInnenverbände zusammengefunden, um sich u.a. für die Wahrnehmung der Rechte von AutorInnen im digitalen und analogen Bereich, die internationale Anerkennung deutschsprachiger Literatur sowie Gendergerechtigkeit in der Literatur- und Buchbranche einzusetzen. Die Notwendigkeit, “Nischenliteratur” zu schreiben, ist ebenso Thema, wie die Stärkung von AutorInnen, ihre Ideen, unabhängig von befürchteten Hass-Kampagnen in sozialen Medien, schreiben zu können.

Als Vorsitzende der Mörderischen Schwestern eröffnen sich für mich neue Dimensionen. Ich erhalte zum Beispiel Einblicke in politische Zusammenhänge und habe die Möglichkeit, aktiv mitzuwirken. Sei es beim Netzwerk Autorenrechte, beim Deutschen Kulturrat oder der Initiative für Urheberrecht. Viele interessante und begabte Menschen setzen sich dort ehrenamtlich für oben genannte Ziele ein. Es ist ein schönes Gefühl, ein kleines Rädchen in diesem Gefüge zu sein. Auch wenn es mich viel Zeit kostet, die mir zum Schreiben an meinen Büchern verloren geht. Doch ist es wichtig, heute etwas zu tun, damit sich auch bei nachfolgenden Generationen die Kunst als Werteschaffung etabliert und Künstler zukünftig noch von ihrer Kunst leben können.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Kein Tag gleicht dem anderen! Das Schreiben hat bei mir sehr viel mit der richtigen Stimmung zu tun. Ich kann nicht auf Kommando kreativ sein. Mal schreibe ich bis 3.00 Uhr in der Früh, dann schlafe ich natürlich entsprechend länger. Manchmal bin ich müde und gehe früh ins Bett. Dann kann es passieren, dass ich schon um 9.00 Uhr an meinem Netbook sitze. Das ist für viele natürlich schon richtig spät. Die ersten denken um die Uhrzeit bereits an ihre zweite Pause.

Ich brauche die erste Stunde vor dem Aufstehen, um gemütlich einen Kaffee im Bett zu trinken, aktuelle Nachrichten zu lesen und mit Freunden zu kommunizieren. Danach fallen zuerst oft Emails an. Ob für meinen Verein, für mich als Autorin oder privat. Wenn ich dann keine Termine habe oder dringend einkaufen muss, widme ich mich dem Schreiben. Manchmal fällt mir nichts ein und ich gehe ein bisschen im Text vor und zurück und korrigiere mal hier mal da.

Wenn ich an dem Tag eine Lesung in Hamburg habe, gehe ich runter an die Elbe und esse in einem kleinen Biergarten am Altonaer Balkon eine Suppe. Bevor ich mich später auf den Weg zu der Veranstaltung mache, bade ich gemütlich bei Kerzenlicht und entspanne mich. Freunde treffe ich natürlich auch zwischendurch.

In der letzten Zeit war ich sehr viel auf Reisen, im In- und Ausland, und immer wieder Venedig. Jetzt freue ich mich darauf, eine Woche in Hamburg zu sein, bevor es zur Buchmesse nach Frankfurt geht.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Der Wechsel von Personaldisposition zu Krimi-Schreiben ist offensichtlich. Aber das ist wahrscheinlich nicht die Veränderung, die Sie meinen! Da ich als Schriftstellerin Spät-Einsteiger bin, kann ich nicht auf viele Jahre des literarischen Schaffens zurückblicken. Was mir allerdings aufgefallen ist, ist die unglaubliche Schwierigkeit, einen Verlag zu finden. Den meisten gelingt das nur durch die Vermittlung über eine Agentur. Selfpublishing ist natürlich ebenfalls eine Möglichkeit zu veröffentlichen. Diese Vorgehensweise wird heutzutage immer mehr akzeptiert.

Aber man begegnet auch anderen, unerwarteten Herausforderungen. Wie kann ich zum Beispiel meine Rechte im Internet wahrnehmen, wenn jemand meinen Text herunterlädt, verbreitet oder anderweitig benutzt. Die Digitalisierung ist ein brandaktuelles Thema, das es in der Form vor einigen Jahren noch nicht gab. Von irgendetwas muss ein Schriftsteller schließlich leben. Wenn Bücher auf einmal Freiwild sind, wird es mit dem Honorar schwierig.

Was ist ein Problem, für das Sie eine Lösung suchen?

Bei aller Vereinstätigkeit etc. Zeit zum Schreiben zu finden.

Besagte Rechtewahrnehmung im Internet.

Reich werden… 😉

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

  • VeranstalterInnen, die Interesse an Krimi-Lesungen haben.
  • JournalistInnen, die Interesse an Interviews haben.
  • BuchhändlerInnen.
  • SchriftstellerInnen, Musiker und andere schaffende KünstlerInnen, die wie ich die Rechte an ihren Texten auch im digitalen Zeitalter gewahrt haben möchten.

Wo finden wir Sie im Internet?

Foto: (c) Carola Christiansen

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