Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern oder im Bereich Publishing?
Ich bin Büchermacher aus Leidenschaft. Nach diversen Stationen in Sach- und Fachbuchverlagen begleite ich seit 2010 mit schickerling.cc Autoren, Unternehmen und Verlage bei der Entwicklung und Realisation von Buchprojekten und gebe außerdem regelmäßig Seminare für die Buchbranche.
Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt auf der Kreation einzigartiger, passgenauer Publikationsideen. Denn genau diese braucht es, um heute aus der Masse der Veröffentlichungen herauszuragen. Ich bin überzeugt, dass erfolgreiche Bücher immer das Ergebnis klarer Konzepte, gekonnter Umsetzung sowie vertrauensvoller Teamarbeit sind. Und das heißt auch: das perfekte Zusammenspiel von Autoren, Verlagen und Zielgruppe.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Hätte ich einen typischen Arbeitstag, hieße das, dass jeder ähnlich und einigermaßen planbar verliefe. Bloß: Das ist nicht so, das wäre auch irgendwie – langweilig. Versuche ich es also mal mit einer typischen Woche.
Montagmorgen. Will ich etwas ruhiger angehen, die nächsten Tage strukturieren, Dinge, die mir übers Wochenende eingefallen sind, weiterverfolgen. Doch die zweieinhalbste Mail im Posteingang reißt mich raus: ein Problem, das eine Lösung braucht, sofort. Also statt entspannt einen zweiten Cappuccino zu mir zu nehmen, ist Troubleshooting angesagt. Am Nachmittag dann doch Zeit für die Dinge, die ich mir vorgenommen hatte: Arbeit an Texten oder Buchkonzepten oder so etwas. Das sogar auch am Dienstag, relativ ungestört.
Am Mittwochvormittag ein Workshop mit einer engagierten Autorin, diesmal live bei ihr vor Ort. Eine Leitidee für ihr neues Buch erarbeitet, dieser bereits eine erste Struktur gegeben. Am Nachmittag die Ergebnisse in einer Dokumentation zusammengefasst, ein paar Anrufe getätigt, das Webinar für den nächsten Tag vorbereitet.
Mit dem gleich der Donnerstag beginnt. Zwei Stunden volle Power, hoffentlich ziehen die Teilnehmer Gewinn daraus. Danach high – und ziemlich durchgeschwitzt. Keine Ahnung mehr, was dann am Nachmittag los war. Am Abend noch ein Treffen mit einer befreundeten Programmleiterin: Gespräche über neue Projekte, die Branche und überhaupt. Zählt das noch als Arbeit?
Freitag. Zeit, Liegengebliebenes aufzuarbeiten, noch ein Video-Call und ein paar Telefonate. Etwas Muße, neue Projekte anzugehen. Und die kommende Woche zu planen …
Wie verändert sich Ihre Arbeit (z.B. durch die fortschreitende Digitalisierung)?
Was mich seit Anfang 2023 intensiv beschäftigt, ist das Thema künstliche Intelligenz in all seinen Facetten. Ich bin fasziniert von den bis vor Kurzem kaum vorstellbaren Fähigkeiten von KI-Systemen, ich bin zugleich ein wenig erschreckt ob des enormen Entwicklungstempos. Werden wir damit Schritt halten können?
Ich versuche es jedenfalls, spiele momentan mehr mit der KI, als ich sie bisher gewinnbringend nutze, habe auch schon den einen oder anderen Chatbot gebaut und erkenne darin gewaltige Chancen. (Über die Risiken sprechen schon andere ausgiebig, das muss ich nicht tun.) Meine Erwartung: dass ich mithilfe der KI besser durch meine »typische« Arbeitswoche komme und dass ich noch bessere Ergebnisse für meine Kunden erziele.
Welche Erfolge konnten Sie in letzter Zeit feiern?
Erfolge haben immer mit Menschen zu tun, dem richtigen Team rund ums Büchermachen. 2023 durfte ich mich besonders über mein neues Buch freuen, das ich zusammen mit Friedhelm Schwarz geschrieben habe. In »Corporate Books« konnten wir unter dem Motto »Bücher sind die besten Influencer« unser gesammeltes Wissen und unsere unterschiedlichen Erfahrungen einfließen lassen, ganz praxisnah. Wir hoffen, mit Gewinn für unsere Leser.
Große Freude bereitet mir momentan zwei anspruchsvolle Projekte, die ich gemeinsam mit Dr. Caro Pasamonik entwickeln konnte: ein Buch, welches das Crossover von Biologie und Business wagt, und eine hochspannende Autobiografie von einem Menschen, der alles gewagt hat, nachdem er alles hätte verlieren können, und das eindrucksvoll vom Unsinn des Lebens erzählt.
Wo hakt es? Was ist eine Herausforderung, für die Sie eine Lösung suchen?
Die wenig originelle Antwort: Es gibt immer viel zu wenig Zeit für alles. Und leider auch zu wenig Zeit für private Lektüren. Dieses Problem muss ich allerdings selbst lösen.
Wo es manchmal hakt: dass von Autoren wie von Verlagen zu wenig Mühe in ein rundum überzeugendes Buchkonzept gesteckt wird. Das klingt nach lästiger und wenig origineller Pflichtübung, aber tatsächlich spart ein ausgereiftes Konzept später zeitraubende und ärgerliche Umwege. So gelingt es leichter, über die lange Strecke von der ersten Idee bis zum fertigen Buch fokussiert und mit Freude am Ball zu bleiben – ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor.
Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?
Ich treffe immer gern auf Menschen, die etwas zu sagen haben, das den Horizont erweitert, zum Nachdenken anregt, Neues in die Welt bringt. Besonders vielleicht jene »Hidden Figures«, die bislang nicht im Rampenlicht stehen, aber denen dort ein Platz gebührt und das vielleicht selbst noch gar nicht so genau wissen.
Wo finden wir Sie im Internet?
Zum online Anschauen auf meiner Homepage www.schickerling.cc, zum online In-Austausch-Treten bei LinkedIn unter linkedin.com/in/michael-schickerling – und zum offline Kennenlernen gern bei einer Tasse Cappuccino.
Wen sollten wir auch mal fragen? Wer macht Zukunftsweisendes im Publishing?
Da fallen mir einige Namen ein. Lena Frenzel von mixtvision macht nicht nur wunderbar aufbereitete Kinder- und Jugendbücher, sondern denkt digitales Erzählen gleich mit. Und bei Haufe begeistert mich Steffen Kurth, wie er immer wieder die Möglichkeiten neuer digitaler Formate ausprobiert.
Wenn ich ganz hoch greifen darf: Fragen wir doch mal Sam Altman von OpenAI, wie er (und nicht sein ChatGPT) sich die Zukunft unserer Buchbranche vorstellt. Oder hierzulande an der LMU München Prof. Björn Ommer.
Die Abschlussfrage darf natürlich nicht fehlen: Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt?
Es gibt so viele Konflikte in der Welt, und viele haben eine jahrzehnte-, teils jahrhundertealte Vorgeschichte. Das macht auch erklärlich, warum sie oft so unendlich schwer auflösbar scheinen. In »Pflaumenregen« hat Stephan Thome mir Taiwan nahegebracht, eine bewegende Familiengeschichte in ebenso historischem wie aktuellem Kontext. Ein blinder Fleck auf meiner Landkarte weniger.
Foto (c) Martina Rinke