Wer sind Sie und wie bringen Sie Menschen zusammen?
Mein Name ist Jürgen Siebert. Ich lebe und arbeite in Berlin und bringe die Kreativen der Stadt seit August 2011 einmal im Monat als Gastgeber des CreativeMornings Berlin zusammen … eine Frühstücksvorlesung an wechselnden Orten, meist am ersten Freitag des Monats.
Was bedeutet für Sie Community bzw. Gemeinschaft?
Für mich sind Events – wie der Creative Morning – eine analoge Form beziehungsweise die Ergänzung zum digitalen sozialen Netz. Dabei hat die persönliche Begegnung beim Creative Morning einige wenige Nachteile, man muss zum Beispiel früh aufstehen und seinen Arsch irgendwohin bewegen [lächelt]. Die Vorteile sind aber unbezahlbar: Ein Gespräch mit mehr als 280 Zeichen, wiederkehrende Begegnungen, eine emphatische Kommunikation und jede Menge Überraschungen, die man sogar selbst anzetteln kann … zum Beispiel mit einem 30-Sekunden-Pitch auf der Bühne.
Welche Veranstaltung hat Sie zuletzt so richtig begeistert?
Richtig begeistert haben mich die TYPO Labs in Berlin, im April. Das ist eine Fachkonferenz für die Font-Industrie, also die Hersteller und Vertreiber von digitalen Schriften, mit denen Designer Drucksachen und Websites gestalten. Dort kamen rund 350 Nerds zusammen, die über einen neuen Font-Standard diskutiert haben, der die digitale schriftliche Kommunikation (Web, Apps, TV, Displays, …) in den kommenden Jahren revolutionieren wird. Nennt sich »Variable Font«, wird schon von allen Big Playern unterstützt … Google, Apple, Microsoft, Firefox … und erlaubt Schriften, sich jeder Betrachtungssituation automatisch anzupassen.
Welche Sprecherinnen*, Moderatorinnen* oder Künstlerinnen* haben Sie zuletzt so richtig begeistert?
Das holländische Kreativ- und Typedesign-Trio von Underware: Akiem Helmling, Bas Jacobs und Sami Kortemäki. Auf der Bühne veranstalten sie eine Art philosophische Comedy-Show, in der sie über die Zukunft des geschriebenen Wortes fantasieren. Das Verblüffende dabei: Jede noch so absurde These beweisen sie unmittelbar mit einer experimentellen Demo. Underware sind die großen, unbefangenen Vordenker der Typedesign-Industrie. Genau diese Art Spinner braucht es, um den Beginn einer technischen Revolution moralisch zu begleiten.
Welcher ist Ihr liebster Veranstaltungsraum/-ort?
Das Haus der Kulturen der Welt in Berlin, ganz einfach, weil ich es am besten kennen … denn bereits seit 1996 veranstalten wir dort die jährlichen TYPO-Berlin-Designkonferenzen, deren Programmdirektor ich bin.
Welche Event- oder Begegnungsformate gibt es noch zu wenig?
Das kann ich gar nicht beantworten. Wahrscheinlich gibt es schon alles, aber ich kenne natürlich nicht alle Formate. Gib mir einen haben Tag Zeit, und ich denke mir was aus … am Ende wird eine Web-Suche ergeben, dass es schon ein sehr ähnliches Format irgendwo auf der Welt gibt.
Wie messen Sie den Erfolg von Veranstaltungen und wie könnte das noch besser gelingen?
Wenn die Veranstaltung kommerziell ist, dann gibt es zwei Messgrößen für den Erfolg: (1) die Ticketeinnahmen übersteigen die Kosten, oder (2) ich generiere für mein Haupt-Business einen durch das Event beeinflussten Umsatztrichter, der sich bis zum Folge-Event realisiert. Ist die Veranstaltung Non-profit, dann messe ich den Erfolg an der Zufriedenheit des Publikums, also wie viel kommen wieder, wie wächst die Community und ähnliche Parameter.
Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?
Für den Creative Morning Berlin, der ja eine 20-minütige Frühstücksvorlesung ist, suchen wir immer wieder neue Locations und Sponsoren für Kaffee und Croissants. Und selbstverständlich spannende Referentinnen und Referenten.
Wo finden wir Sie im Internet?
Unser Event findet man unter dieser Webadresse: creativemornings.com/cities/ber und auf Twitter unter @Berlin_CM. Ich selbst twittere unter @jr_siebert.
Und zu guter Letzt: Wem sollten wir diese Fragen auch mal stellen – wer ist aus Ihrer Sicht eine großartige Menschenvernetzerin*?
Ich finde, auf dem Technologie-Sektor macht das hier in Berlin Sascha Lobo ganz gut, mit seinen Reden auf de re:publica, der wöchentlichen Spiegel-Online-Kolumne und vor allem den damit verbundenen Debatten-Podcast. Weltweit gesehen kommt man wohl an Netzdiensten wie Facebook oder Twitter nicht vorbei, die allerdings mit unseren Daten ein anrüchiges Business-Modell verfolgen. Geht es um eine einzelne Person, mit politischem Anspruch … ich denke, da war Barack Obama der letzte große Menschenvernetzer.
Foto: Jürgen Siebert
* Männer sind mitgemeint