Martin Spilker: Ich verantworte mit meinem Team bei der Bertelsmann Stiftung das Camp Q

Wir mögen Menschen, die Menschen zusammenbringen. Solche Community-Profis und Menschenvernetzer*innen befragen wir in dieser Interviewreihe zu ihren Projekten.

Wer sind Sie und wie bringen Sie Menschen zusammen?

Martin Spilker

Ich verantworte als Director das Kompetenzzentrum „Führung und Unternehmenskultur“, das 2004 noch von Bertelsmann-Nachkriegsgründer Reinhard Mohn als Think Tank für Führungsfragen gegründet wurde. Deshalb haben wir uns nicht nur seine Führungsphilosophie der Delegation von Verantwortung, sondern auch sein Motto „Viele Köpfe ans Denken bringen“ zu eigen gemacht. Gerade das Querdenken vieler Management-Mythen ist uns im Camp Q – Der Leadership Konferenz für Querdenker sowie den Executive Trainings besonders wichtig. Und natürlich nutzen wir auch unsere Website und Social Media für die Vernetzung.

Was bedeutet für Sie Community bzw. Gemeinschaft?

Wir setzen im Camp Q und in unseren Executive Trainings intensiv auf das Peer-Group-Learning. In den Trainings sind das Gruppen von 3 bis 4 Personen, die sich intensiv zu ihren Themen gegenseitig Feedback und Rat geben. Im Camp Q sind immer wieder unsere Erlebnisstationen der Renner, in denen man sich in Gruppen unterschiedlicher Größe, z. B. zu Zukunftsthemen, an Design-Stationen oder in Ideen-Werkstätten austauscht. Heute haben wir mittlerweile ein Netzwerk mit über 750 Alumni, die auch in den Social Media sehr aktiv sind. Und immerhin treffen sich alle Jahrgangsgruppen auch nach den Trainings immer noch regelmäßig.

Welche Veranstaltung hat Sie zuletzt so richtig begeistert?

Mich begeistern mittlerweile gerade die Veranstaltungen, in denen nicht mehr eine Schar dunkel gekleideter Personen im Kreis oder Karree zusammensitzen. Diese Tradition versuchen wir ja auch bewusst und erfolgreich mit unserem Camp Q zu durchbrechen. Ich bin mittlerweile ein großer Anhänger von Lernarchitekturen, die nicht mehr „das große Kino“ mit einer Referentin* nach der anderen praktizieren. Wir schwören auf das Peer-Group-Learning mit konkreten Handlungskonzepten am Ende. Also keine geplante Folgelosigkeit. Es gibt andere gute Beispiele wie „Hinterland of Things“ der Founders Foundation oder die re:publica, die den interaktiven Austausch fördern.

Welche Sprecherinnen*, Moderatorinnen* oder Künstlerinnen* haben Sie zuletzt so richtig begeistert?

Erwarten sie jetzt keine konkreten Namen von mir, dafür gibt es einfach viel zu viele interessante Typen auf der Welt. Mich begeistern einfach immer wieder Persönlichkeiten, die etwas zu sagen haben. Die zum Perspektivwechsel anregen und einem einen neuen Blick auf die Dinge ermöglichen. Das können renommierte Professorinnen* sein oder bekannte CEO´s, aber auch jemand aus dem Kolleginnenkreis* oder Mitglieder aus meinem Team …

Welcher ist Ihr liebster Veranstaltungsraum/-ort?

Das hängt natürlich in erster Linie von der Art der Veranstaltung und deren Zielen ab. Für unsere Executive Trainings bevorzugen wir oft eher ländliche gelegene, ruhige Locations abseits der großen Metropolen. Da kann man dann in eher abgeschiedener Atmosphäre den Gedanken freien Lauf lassen und mal sich selbst reflektieren. Für die großen Veranstaltungen, wie unserem Camp Q, bieten sich natürlich die großen Städte – allen voran Berlin – an. Wichtig ist einfach, dass man eine Atmosphäre schafft, in der sich die Teilnehmenden wohlfühlen. Das merkt man dann am ehesten daran, wie aktiv sie aufeinander zugehen und wie offen sie sich austauschen.

Welche Event- oder Begegnungsformate gibt es noch zu wenig?

Am ehesten brauchen wir sicherlich so eine Art Begegnungsstätte im wahrsten Sinne des Wortes, in denen sich Teilnehmende ohne Scheu und Scham begegnen und sich ausprobieren können. Ich erachte das gerade mit Blick auf die Digitalisierung als notwendig. Ich beobachte immer wieder Personen, auch Führungskräfte, die mit digitalen Themen Berührungsängste haben. Das liegt vielleicht auch daran, dass manche Digital Nerds mittlerweile eine eigene Sprache entwickeln, die nicht mehr verstanden wird oder zum Gefühl des Abgehängt-Seins führen. Hier bräuchten wir den Brückenschlag – sei es mit Zukunftswerkstätten, Bar Camps oder Fokusgruppen-Workshops.

Wie messen Sie den Erfolg von Veranstaltungen und wie könnte das noch besser gelingen?

Da halte ich es mit dem renommierten Trainer Klaus Doppler, der immer sagte: „Erzählt mir nicht am Freitagmittag, was ich am Dienstagvormittag hätte anders machen sollen!“  Also direktes Feedback oder Nachfragen sind immer das Beste und Effektivste, weil man dann noch reagieren und was korrigieren kann. Das ist natürlich nicht immer machbar. Bei unseren Executive Trainings nutzen wir daher regelmäßige Feedback-Runden zwischendurch und natürlich am Ende. Besonders bewährt hat sich ein Modul II nach ca. 4-6 Monaten, in dem Teilnehmende dann über ihre Erfolge oder eben auch Probleme aus ihren Handlungskonzepten berichten und mit ihren Peers diskutieren können. Natürlich nutzen wir auch Umfragen, z. B. nach dem Camp Q. Aber am einfachsten ist es oft, in die Gesichter der Teilnehmenden zu schauen, dann weiß man oft schon, ob man erfolgreich war.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

Mit unseren Veranstaltungen wenden wir uns in erster Linie an Führungskräfte unterschiedlicher Ebenen, Branchen und Sektoren. Es ist immer wieder erstaunlich, wie ähnlich doch die Herausforderungen von Führung sind. Natürlich beraten wir auch gern Fachabteilungen, wie z. B. Diversity- oder HR-Bereiche, bei der Personal- und Führungskräfteentwicklung.

Wo finden wir Sie im Internet?

Informationen über das Camp Q findet man unter www.campq.de. Dort kann man sich auch gleich anmelden. Ansonsten findet man uns und unsere Projekte auch über unsere Website www.creating-corporate-cultures.org. Da besteht auch die Möglichkeit, unseren Newsletter und Blog zu abonnieren.

Und zu guter Letzt: Wem sollten wir diese Fragen auch mal stellen – wer ist aus Ihrer Sicht eine großartige Menschenvernetzerin*?

Schwierige Frage, um die ich mich gern drücke. Denn durch die Social Media hat Vernetzung eine andere Dimension angenommen. Aber was sagen ein „Like“ oder Clicks überhaupt aus? Mich erstaunt aber gerade, was die Aktion von Greta zum Klimawandel ausgelöst hat. Zeigt das nicht vielleicht, dass es gar nicht einmal allein die Persönlichkeiten sind, die den Reiz ausmachen, sondern die Macht der Idee, die die Menschen elektrisiert und zusammenbringt. Schauen Sie sich um: Es gibt überall interessante Menschen mit spannenden Lebensgeschichten, mit denen man sich vernetzen kann …

 

Foto (c) Martin Spilker

* Männer sind mitgemeint

 

Schreibe einen Kommentar