Sabine Korsukéwitz: Inzwischen verdiene ich meinen Lebensunterhalt mit dem Geschichten-Erfinden und -Erzählen

Sabine Korsukéwitz
Sabine Korsukéwitz

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ich bin als Sabine Korsukéwitz und als Sabrina Capitani als Radio- und Buchautorin unterwegs, schreibe bislang Sachbücher und historische Romane. Historische Romane deshalb, weil ich es leichter finde, Zusammenhänge aus großem Abstand zu begreifen. Und weil mich Ideengeschichte fasziniert: warum wir heute denken wie wir denken. Wie bestimmte Konstellationen zustande gekommen sind, die heute unser Leben beeinflussen. Als nächstes möchte ich mich an die Gegenwart heranwagen, das finde ich weitaus schwieriger, weil die Gegenwart so diffus ist und oft banal erscheint – mal sehen…

Meinen ersten Roman habe ich mit 9 Jahren geschrieben: Er füllte ein Schulheft und handelte von einem unglaublich tapferen Cowgirl. Damit habe ich mir damals schon einen Gegenentwurf geschaffen zum Frauenbild, das mich umgab: Verbindliche, dekorative, passive Frauen, die weinten oder kreischten, wenn sich ihnen Hindernisse in den Weg stellten.

Inzwischen bin ich Profi, verdiene meinen Lebensunterhalt mit dem Geschichten-Erfinden und -Erzählen. Das Professionelle besteht darin, die Geschichten, die mir so zufliegen, in eine möglichst gute Form zu bringen, zu überlegen, wie führe ich meine Leser; zu versuchen, exakt den richtigen Ausdruck zu finden, wirklich dort zu sein. Und natürlich lese ich selbst viel, gierig und durch alle Genres. Eine Welt ohne Bücher kann ich mir nicht vorstellen. Ein Zimmer ohne Bücher ist für mich kalt und nackt.

Ich liebe gut gemachte Bücher, ihren Geruch, das Gefühl und das feine Papiergeräusch beim Blättern, schöne Cover, mattes, körniges Umschlagpapier. Hochglanz mag ich nicht, schwer zu sagen warum: wahrscheinlich, weil es unnatürlich wirkt. Bei aller Freude am Haptischen sind e-books aber eine sehr gute Sache. Dass ich auf Reisen jetzt in einem handlichen Gerät meine ganze Bibliothek mit mir herum tragen kann, das ist wunderbar. Schade nur, dass sich viele Verlage mit den e-books noch so schwer tun. Ich halte es für einen echten Wettbewerbsnachteil, wenn meine Bücher nicht als e-books erscheinen. Buchverlage sind da so schwerfällig, dass sie wohl den Weg der Musikindustrie nehmen werden. Dann wird es hart für uns Autoren. Möglicherweise wird es aber auch sein wie beim Verschwinden der adligen Mäzene nach der Französischen Revolution. Nicht mehr fürs tägliche Brot meterweise Fürsten, ihre Matronen, Gespielinnen und diversen Kinder portraitieren zu müssen/dürfen, hat Platz gemacht für neue Ideen.

Wie verändern die digitalen Medien bzw. das Internet Ihre Arbeit?

Es erleichtert das Schreiben und Recherchieren ungemein. Drag&drop hat das Schreiben revolutioniert, ihm aber auch viel Tiefe genommen. Wenn man nicht mehr lange nachdenkt, weil man es ohnehin rasch wieder ändern kann, also tippend denkt und umdenkt, entsteht ein ganz anderer Text, als wenn ich mühselig mit der Schreibmaschine arbeiten muss, klar.

Für die Recherche ist das Netz eine weitere Revolution, aber nicht ganz so umwälzend, wie drag&drop. Ich finde es manchmal schon ziemlich komisch, wenn ich über das 15. Jahrhundert schreibe und dabei den Browser offen habe, um schnell mal was nachzugucken. Oder ich kann rasch mal irgendwelche Fachleute in den Museen anmailen, irgendwo auf der Welt, und etwas Spezifisches fragen. Leonardo Da Vinci wäre begeistert gewesen! Natürlich sind redaktionell ungefilterte Quellen, auch Wikipedia, nicht zuverlässig, aber man bekommt schon mal einen Anhaltspunkt.

Wenn ich genaue Infos brauche, geht es doch in die Bibliothek (Und was für Traumorte alte Bibliotheken sind!). Aber dann habe ich schon feste Vorstellungen oder sogar Buchtitel, nach denen ich suchen kann. Google Maps und Google Earth sind ebenfalls genial, denn ich schreibe ja Landschaften und kann da mal schnell sehen: wie verläuft noch mal der Fluss, über den sie jetzt gerade setzen…

Was ist ein typisches Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Öffentlichkeit zu finden und vom Schreiben wirklich auskömmlich zu leben. Buchverlage machen PR leider nur für Ihre A-Liste. Richtig ist sicher, dass soziale Netzwerke, also p2p-Empfehlungen, kaufentscheidender sind als Verlagswerbung oder gar die konventionelle Buchkritik. Es bleibt immer noch das Problem, sich gegen die Masse anderer Veröffentlichungen durchzusetzen. „Findbar“ zu sein, heißt erstmal gar nichts. Davon meine Texte einfach so ins Netz stellen, kann ich meine Miete leider nicht bezahlen. Da hilft auch kein bookrix oder was es sonst noch so gibt: Viele stellen da ein und wenige lesen es. Das ist nicht die Lösung, obwohl es schon irgendwie dem heutigen Verlagsgeschäft gleicht: Wir werfen jetzt mal mit Büchern nach dem Leser. Eines davon wird schon treffen.

Ein zweites Problem ist für mich die Ungeduld der Verlage, die Bücher zu oft viel zu schnell verramschen, so dass sie weg sind, wenn die p2p-Werbung anfängt zu greifen. Dann könnte man den Inhalt natürlich gratis einstellen, denn man hat die Rechte wieder und seine Garantiesumme immerhin bekommen – das probiere ich demnächst.

Grundsätzlich vertraue ich darauf, dass sich ein Weg finden wird. Schließlich besteht Bedarf nach gut erzählten Geschichten – das war vermutlich schon in der Steinzeit so und wird auch in ferner Zukunft so sein.

Wo finden wir Sie im Internet?

Facebook, Google Sites und Piper-Verlag

Demnächst (wennichmalzeithabe) gibt’s eine neue/richtige homepage

Bildquelle: Sabine Korsukéwitz
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Diese vier Fragen werden regelmäßig von Leuten aus der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Probleme in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen in Ihrer Bucharbeits-Umgebung bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen.

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