Sabine Voß: Ich bin Literaturübersetzerin

Seit 2009 werden die Fragen unserer Interviewreihe von inzwischen über 700 Menschen beantwortet, die »was mit Büchern« bzw. Publishing machen. Unser Ziel ist es seit jeher, die Blackbox Buchwelt damit zu öffnen und die Leute noch enger in den Austausch zu bringen.

Sabine Voß: Ich bin LiteraturübersetzerinWer sind Sie und was machen Sie mit Büchern oder im Bereich Publishing?

Ich bin Literaturübersetzerin und übersetze Essays, Romane und Lyrik, aber auch Texte für Ausstellungskataloge oder Programmbücher für Opernhäuser. Und natürlich lese ich Bücher – wo ich gehe und stehe.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Ich klappe morgens meinen Laptop auf, lese meine am Vortag geschriebenen Sätze, überarbeite und mache weiter im Text. Immer wieder muss ich Dinge im Internet oder telefonisch recherchieren, aber auch in die Bibliothek gehen, Speziallexika wälzen oder bestehende deutsche Übersetzungen von Werken besorgen, die im Text zitiert werden.

Wie verändert sich Ihre Arbeit (z.B. durch die fortschreitende Digitalisierung)?

Die Recherchearbeit ist viel unkomplizierter dank Internet. Viele Texte sind mittlerweile online zugänglich. Aber man muss auch vorsichtig sein und die Quellen besonders gut prüfen. Übersetzer:innen können sich in digitalen Zeiten zudem leichter vernetzen. Außerdem kann man sich in vielen Online-Foren bewegen, Fragen stellen und selbst Hilfe leisten.

Welche Erfolge konnten Sie in letzter Zeit feiern?

Ein dickes Stipendium des Deutschen Übersetzerfonds. Und ich durfte auf der Frankfurter Buchmesse zusammen mit meiner Verlegerin Susanne Schenzle von Ink Press meine Übersetzung von »This Little Art« vorstellen – ein literarischer Essay der britischen Autorin Kate Briggs über die ausufernde Praxis und Kunst des Übersetzens.

Wo hakt es? Was ist eine Herausforderung, für die Sie eine Lösung suchen?

Die Honorare für Übersetzerinnen und Übersetzer sind leider oft viel zu niedrig. Je mehr Zeit man mit einem herausfordernden Text verbringt, je sorgfältiger man arbeitet, desto weniger verdient man. Dabei ist eine wirkungsäquivalente Übertragung doch das Allerwichtigste! Allein vom Übersetzen zu leben ist für viele deswegen nicht möglich. Auch für mich nicht. Gott sei Dank gibt es großzügige Stipendien, beispielsweise des Deutschen Übersetzerfonds. Und auch der VdÜ ist sehr aktiv, macht Honorarumfragen und Einkommensstudien.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

Der Kontakt zu Lektoren ist natürlich sehr wichtig. Nicht nur, weil man eng zusammenarbeitet, sondern auch wegen der Gespräche über literarische Entdeckungen. Übersetzende sind ja so etwas wie Literaturscouts. Bei kleineren Verlagen freue ich mich über die Kontakte zu den Verlegerinnen. Hier kann man am gesamten Entstehungsprozess eines Buches teilhaben. Aber auch der Austausch mit Buchbloggern ist enorm fruchtbar. Sie sind heutzutage wichtige Multiplikatoren.

Wo finden wir Sie im Internet?

Auf Instagram, Facebook und LinkedIn. Bald auch auf meiner Webseite, die gerade noch eine Baustelle ist.

Wen sollten wir auch mal fragen? Wer macht Zukunftsweisendes im Publishing?

Susanne Schenzle von Ink Press, die sehr interessante Autorinnen und Autoren im Programm hat und wunderschöne Bücher macht. Oder Martina Hefter, Schriftstellerin und Tänzerin, die ihre Texte auch performt. Oder eine von den BücherFrauen, das ist ein berufliches Netzwerk für Frauen aus Buchhandel, Verlagen und Agenturen.

Die Abschlussfrage darf natürlich nicht fehlen: Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt?

»Nach dem Gedächtnis« von Maria Stepanova, in der Übersetzung von Olga Radetzkaja. Eine Spurensuche in einer russisch-jüdischen Familie. Stepanova sammelt Bruchstücke und legt sie vorsichtig zu einem Ganzen zusammen, das dennoch in einer wunderbaren Schwebe und verletzlich bleibt.

 

Foto (c) privat

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