Dario Nassal: Gute Dokus stimulieren einen Perspektivenwechsel

Diese Fragen stellen wir Filmschaffenden und ähnlichen Akteur*innen, damit sie uns ihre Dokus vermitteln und empfehlen können.

Wer sind Sie und was machen Sie?

Dario Nassal: Gute Dokus stimulieren einen Perspektivenwechsel

Dario Nassal: Gute Dokus stimulieren einen PerspektivenwechselHallo, ich bin Dario Nassal und gemeinsam mit Felix Friedrich habe ich das Journalismus-Startup Buzzard gegründet. Wir haben ein neues journalistisches Format entwickelt: die Newsapp für Perspektivenvielfalt. Damit wollen wir Nachrichtenleser*innen in Zeiten von Fake News und Filterblasen-Orientierung und Überblick über die Medienwelt bieten. Gerade junge Menschen kaufen sich immer seltener eine Zeitung. Unsere App will eine Zeitung der Zukunft sein: Zu aktuellen Themen sieht man in der App, was Medien von links bis rechts zu aktuellen Themen sagen. Alle Positionen sind kurz zusammengefasst und journalistisch eingeordnet. So können sich junge Menschen in kurzer Zeit breit und differenziert informieren. Und öfter Verständnis entwickelt für Positionen von Andersdenkenden, für Meinungen abseits der eigenen Bubble.

Was sind für Sie gute Dokus und was mögen Sie daran?

Gute Dokus sind für mich Filme, die nicht nur ein Thema anschaulich und bewegend erzählen. Sondern ein emotionales Verständnis wecken für die Menschen hinter den Geschichten. Bei einer guten Doku habe ich das Gefühl: Wow, so habe ich das noch nie gesehen. Und ich habe ein Gefühl dafür bekommen wie diese*r Mensch*en wirklich denken abseits des filmischen Porträts. Gute Dokus stimulieren aus meiner Sicht immer einen Perspektivenwechsel bei einem selbst und ein emotionales Verständnis für die Welt von Menschen, denen man im Leben vielleicht nie begegnen würde.

Wann und wo schauen Sie Dokus (am liebsten)?

Sehr gerne in Freilichtkinos und auf Dokufilm-Festivals wie dem DOK in Leipzig auf größeren Leinwänden und mit gutem Sound. Aber falls gerade kein Freilichtkino oder Festival spielt, auch sehr gerne zuhause im Bett auf dem Fernseher.

Welche Doku haben Sie zuletzt gesehen?

Diese Woche die Doku »Medienmacher von morgen: Eine Deutschlandreise ins Digitale« von Kommunikationsforscher Stephan Weichert, die am 2. März 2021 auf 3sat Premiere gefeiert hat. Wir sind bei der Doku mit Buzzard selbst einer der Protagonist*innen. Es geht im Film um Medienprojekte, die inmitten der historischen Krise, in der die Medienbranche sich aktuell befindet, neue Wege gehen, Projekte die Mut machen und versuchen, Journalismus neu zu denken.

»Medienmacher von morgen: Eine Deutschlandreise ins Digitale« im Internet ansehen

3sat: Medienmacher von morgen – Eine Deutschlandreise ins Digitale // Doku-Empfehlung von ‎Dario Nassal

‎Dario Nassal dazu in unserer Interviewreihe:

»Diese Woche die Doku ›Medienmacher von morgen: Eine Deutschlandreise ins Digitale‹ von Kommunikationsforscher Stephan Weichert, die am 2. März 2021 auf 3sat Premiere gefeiert hat. Wir sind bei der Doku mit Buzzard selbst einer der Protagonist*innen. Es geht im Film um Medienprojekte, die inmitten der historischen Krise, in der die Medienbranche sich aktuell befindet, neue Wege gehen, Projekte die Mut machen und versuchen, Journalismus neu zu denken.«

Info dazu:

»Die Medienbranche steckt in einer historischen Krise. In vielen Ländern stehen klassische Medienunternehmen unter großem wirtschaftlichen Druck, ebenso freie Journalistinnen und Journalisten. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend noch verstärkt. Doch in der Krise gibt es auch Chancen: Die 3sat-Dokumentation porträtiert junge Medienmacher, die neue Ideen entwickeln, vorangehen und Mut machen.«

(44 min, abrufbar bis 02.03.2022)

#dokuliebe

Welche Doku hat Sie besonders bewegt?

»Human« vom französischen Fotografen und Journalisten Yann Arthus-Bertrand. Das ist ein unglaublicher Film, der versucht zu ergründen, wie Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen weltweit auf elementare Fragen des Lebens antworten, z.B.: Was ist Liebe? Faszinierend an dieser Doku ist, dass die Menschen sehr nah und authentisch in die Kamera sprechen und man als Zuschauer den Eindruck gewinnt, man kann all diese Menschen, egal woher sie kommen und was sie im Leben gemacht haben, emotional verstehen. Die Einstiegsszene zeigt einen Menschen, der seine Familie ermordet hat und der vor der Kamera sehr eindrücklich erklärt, wie es dazu kam und warum er das gemacht hat. Und für einen kurzen Moment empfindet man so etwas wie Empathie für diesen Menschen, der gleichzeitig grausam gemordet hat. Ein unglaublicher Film!

»Human« im Internet ansehen

Prime Video: Human – Die Menschheit // Doku-Empfehlung von ‎Dario Nassal

Prime Video: Human - Die Menschheit // Doku-Empfehlung von ‎Dario Nassal‎Dario Nassal dazu in unserer Interviewreihe:

»Das ist ein unglaublicher Film, der versucht zu ergründen, wie Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen weltweit auf elementare Fragen des Lebens antworten, z.B.: Was ist Liebe? Faszinierend an dieser Doku ist, dass die Menschen sehr nah und authentisch in die Kamera sprechen und man als Zuschauer den Eindruck gewinnt, man kann all diese Menschen, egal woher sie kommen und was sie im Leben gemacht haben, emotional verstehen. Die Einstiegsszene zeigt einen Menschen, der seine Familie ermordet hat und der vor der Kamera sehr eindrücklich erklärt, wie es dazu kam und warum er das gemacht hat. Und für einen kurzen Moment empfindet man so etwas wie Empathie für diesen Menschen, der gleichzeitig grausam gemordet hat. Ein unglaublicher Film!«

Info dazu:

»Was macht uns zu Menschen? Was lässt uns lieben, leiden, und was verbindet uns trotz unterschiedlicher Herkunft im tiefsten Inneren? Durch die Begegnung mit Menschen aus über 60 Ländern, die in ebenso vielen Sprachen vor der Kamera aus ihrem Leben erzählen, entsteht ein Kaleidoskop aus Lebensfreude, Glück und Sehnsucht, aber auch den Schattenseiten unserer Existenz.«

(44 min)

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#dokuliebe

Welche Doku hat Sie zum Staunen oder Lachen gebracht?

Nicht gerade ein Geheimtipp, aber die Netflix-Doku »Tiger King« von Rebecca Chaiklin und Eric Goode hat mich schon besonders zum Staunen gebracht. Wie besessen Menschen werden können, wenn sie in ihr Ego verliebt sind und wie der Mensch immer wieder andere Menschen (und Tiere) ausnutzt, um die eigenen vermeintlich höheren Zielen zu erreichen, zeigt die Doku-Serie sehr eindrücklich. Danach habe ich mir gedacht: Wow, der Mensch ist ein absurdes Raubtier.

Welche Doku ist schwer anzuschauen, aber wichtig?

»Die Krankheit der Dämonen« von der jungen Filmemacherin Lilith Kugler. Die Doku handelt davon, wie Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen in Burkina Faso behandelt werden. In einigen Dörfern werden die Menschen mit Behinderungen über Jahre an Bäume gekettet. Der Film ist schwer anzuschauen, aber lohnt sich, weil man von den skandalösen Zuständen in dem westafrikanischen Land vermutlich zuvor nicht viel mitbekommen hat. Gleichzeitig versteht man in der Doku aber auch, warum es so schwer ist an den Zuständen in Burkina Faso etwas zu ändern.

»Die Krankheit der Dämonen« im Internet ansehen

Sooner: Die Krankheit der Dämonen // Doku-Empfehlung von ‎Dario Nassal

Sooner: Die Krankheit der Dämonen // Doku-Empfehlung von ‎Dario Nassal‎Dario Nassal dazu in unserer Interviewreihe:

»Die Doku handelt davon, wie Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen in Burkina Faso behandelt werden. In einigen Dörfern werden die Menschen mit Behinderungen über Jahre an Bäume gekettet. Der Film ist schwer anzuschauen, aber lohnt sich, weil man von den skandalösen Zuständen in dem westafrikanischen Land vermutlich zuvor nicht viel mitbekommen hat. Gleichzeitig versteht man in der Doku aber auch, warum es so schwer ist an den Zuständen in Burkina Faso etwas zu ändern.«

Info dazu:

»Menschen an Bäume gekettet. Eine Frau fällt ins Feuer und niemand hilft ihr. In Burkina Faso gibt es in der traditionellen Gesellschaft keinen Platz für Menschen mit psychischen Krankheiten und Epilepsie. Dämonen werden als Grund der Erkrankungen gesehen, vor deren Ansteckung sich viele Menschen fürchten. Betroffene leben am Rande der Dörfer, in Gebetszentren oder irren unbeachtet umher, oftmals sind sie angekettet oder werden geschlagen. Doch Pfarrer Guitanga und Krankenpfleger Tindano engagieren sich im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten mutig entgegen dem Glauben einer ganzen Gesellschaft für medizinische Behandlung, Freiheit und Menschenwürde.«

(82 min)

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#dokuliebe

Wo finden wir Sie im Internet?

Auf Buzzard.org und auf Twitter unter @Dario_Nassal.

 

Foto (c) privat

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