Katharina Bendixen: Ich bin Autorin von Büchern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Seit 2009 werden die Fragen unserer Interviewreihe von inzwischen über 700 Menschen beantwortet, die »was mit Büchern« bzw. Publishing machen. Unser Ziel ist es seit jeher, die Blackbox Buchwelt damit zu öffnen und die Leute noch enger in den Austausch zu bringen.

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern oder im Bereich Publishing?

Katharina Bendixen: Ich bin Autorin von Büchern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Ich bin Katharina Bendixen, Autorin von Büchern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Wenn ich nicht schreibe, lese ich Jugendlichen und Kindern (auch meinen eigenen) sehr gern Bücher vor. Und ich betreibe gemeinsam mit Kolleg*innen seit drei Jahren die Website Other Writers Need to Concentrate, auf der rund 50 Autor*innen über die Vereinbarkeit von Schreiben und Familie bloggen. Neben Blogtexten gibt es dort auch eine Liste mit familienfreundlichen Aufenthaltsstipendien, Lektüretipps rund um Schreiben und Familie und vieles mehr.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Die sieben bis acht Stunden, in denen meine Kinder in Schule bzw. Kindergarten sind, verbringe ich teils in meinem Schreibbüro, teils am heimischen Schreibtisch. Im Büro liegt kein Internet und an guten Tagen schreibe ich dort fokussiert und ohne größere Unterbrechungen fünf bis sechs Stunden, zurzeit an einem neuen Kinderbuch und einem Erzählband für Erwachsene. Nach der Mittagspause gehe ich oft nach Hause, um E-Mails zu beantworten und organisatorische Dinge zu erledigen. Manche Arbeitswochen sind auch mit Lesungen gefüllt. Dann bedarf es genauer Absprachen mit meinem Partner, wer die Kinder bringt und holt und wann eventuell die Großeltern einspringen müssen. Den Kindern muss ich dann erklären, warum ich schon wieder weg bin. Manchmal ist das nicht so leicht.

Wie verändert sich Ihre Arbeit (z.B. durch die fortschreitende Digitalisierung)?

Mir gefällt die Selbstverständlichkeit, mit der wir uns seit der Pandemie an jedem möglichen Ort aufhalten. Die other writers haben beispielsweise eine monatliche Lektoratsrunde, bei der zehn Autor*innen aus zehn verschiedenen Städten via Zoom über ihre Texte sprechen. Gewinnbringend fand ich auch die digitalen Veranstaltungen während Corona. Wegen der Kinder komme ich abends nur selten aus dem Haus, und in dieser Zeit konnte ich viele Lesungen ansehen. Auch die Möglichkeit, als Autor*in eine Lesung aus der eigenen Wohnung zu bestreiten, ist sehr familienfreundlich. Generell würde ich mir wünschen, dass die Digitalisierung noch zu mehr Offenheit führt, was Veranstaltungen oder auch Künstlerresidenzen betrifft. Dass man nicht immer und überall analog anwesend sein muss, könnte vor allem für Menschen mit Care-Aufgaben ein großer Gewinn sein.

Welche Erfolge konnten Sie in letzter Zeit feiern?

Vor kurzem habe ich erfahren, dass mein Jugendroman »Taras Augen« demnächst Pflichtlektüre an allen sächsischen Oberschulen sein wird. Auf die Begegnungen und Gespräche, die dadurch entstehen, freue ich mich sehr! Und natürlich gibt mir diese Aussicht auch eine gewisse finanzielle Sicherheit.

Wo hakt es? Was ist eine Herausforderung, für die Sie eine Lösung suchen?

Einerseits wünsche ich mir mehr Wertschätzung für Kinder- und Jugendliteratur. Häufig wird sie nicht so ernstgenommen wie die sogenannte Erwachsenenliteratur, das finde ich ärgerlich und schade. Und andererseits wünsche ich mir eine Literaturförderung, die Kinder (und Eltern) mitdenkt. Autor*innen mit Kindern können keine monatelangen Stipendien mit Residenzpflicht auf Schlössern und Burgen wahrnehmen. Sie brauchen Kurzzeit- oder noch besser Werkstipendien, die sie zu Hause absolvieren können. Im Übrigen glaube ich, dass diese beiden Dinge miteinander zusammenhängen: Kinder bekommen in unserer Gesellschaft nicht den Raum, der ihnen zusteht. Auch deswegen erwähne ich meine eigenen zwei Kinder in diesem Interview, so oft es nur geht.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

Im Umfeld der other writers ist schon vor einer Weile die Idee entstanden, eine interdisziplinäre Sommerakademie für Künstler*innen mit Kindern auszurichten, also vier Sommerwochen, in denen Künstler*innen aller Sparten mit ihren Familien zum konzentrierten Arbeiten und zum künstlerischen Austausch zusammenkommen. Dafür suchen wir ein Künstlerhaus, das diese Idee aufgreifen möchte – hier bin ich für Kontakte dankbar. Und natürlich freuen sich die other writers immer über Einladungen in Literaturhäuser oder Buchhandlungen, um über die Vereinbarkeit von Schreiben und Familie zu sprechen und zu lesen. Außerdem versuche ich derzeit gemeinsam mit weiteren sächsischen Kinder- und Jugendbuchautor*innen, die Leseförderung in Sachsen auf andere Beine zu stellen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern passiert hier in dieser Richtung nicht allzu viel. Wir wollen vor allem mit der Politik ins Gespräch kommen – also: sächsischen (Kultur)Politiker*innen dürfen sich gern bei mir melden, denn wir haben viele Ideen!

Wo finden wir Sie im Internet?

Hier und auf Instagram. Und die other writers finden sich hier.

Wen sollten wir auch mal fragen? Wer macht Zukunftsweisendes im Publishing?

Ich habe große Hochachtung vor den vielen Bibliothekar*innen, die neben ihrer regulären Arbeit mit viel Energie und Herzblut Leseförderung von Kindern betreiben. Zum Teil werben sie private Gelder ein, weil die Unterstützung der Kommunen und Länder für die Beschaffung neuer Medien viel zu knapp bemessen ist, von Leseförderungsaktionen oder Lesungen ganz zu schweigen. Zuletzt war ich beeindruckt von der Arbeit in den Bibliotheken in Riesa und in Markkleeberg. Das klingt vielleicht nicht unbedingt zukunftsweisend, aber das ist es!

Die Abschlussfrage darf natürlich nicht fehlen: Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt?

Mit sehr viel Gewinn habe ich zuletzt den kraftvollen Gedichtband »Wiese und Macht« von Friederike Roth, erschienen 1993 bei Suhrkamp, gelesen. Friederike Roth hat in den 70ern und 80ern viele wichtige Literaturpreise erhalten, sich aber dennoch aus dem Literaturbetrieb zurückgezogen, weil sie nicht mehr Teil dieses Machtspiels sein wollte. Das finde ich verständlich und konsequent.

 

Foto (c) Gert Mothes

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