Dominik Gazdoš: Wir wollen Bookbot zur Nummer eins für gebrauchte Bücher machen

Seit 2009 werden die Fragen unserer Interviewreihe von inzwischen über 700 Menschen beantwortet, die »was mit Büchern« bzw. Publishing machen. Unser Ziel ist es seit jeher, die Blackbox Buchwelt damit zu öffnen und die Leute noch enger in den Austausch zu bringen.

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern oder im Bereich Publishing?

Dominik Gazdoš: Wir wollen Bookbot zur Nummer eins für gebrauchte Bücher machen

Mein Name ist Dominik Gazdoš, ich bin der Gründer und CEO von Bookbot. Wir sind ein Online-Second-Hand-Buchhandel, ein Service, der Menschen dabei unterstützt, ihre Bücher zu verkaufen. Wir übernehmen den gesamten Prozess – es ist, als hätte man einen persönlichen Buchhandels-Concierge. Wir holen die Bücher ab, fotografieren sie, bestimmen den Preis und bieten sie auf unserer Website zum Verkauf an. Der oder die Verkäuferin erhält dann 60 Prozent des Verkaufspreises minus 1,19 Euro.

Gleichzeitig bietet unsere Plattform allen, die nach guter Lektüre suchen, die Möglichkeit, Bücher zu kaufen, ähnlich wie in jedem anderen E-Shop oder Buchladen. Die Kundinnen und Kunden können jedes Buch in detaillierten Fotografien betrachten, ihre Merkliste erstellen und Empfehlungen für interessante Bücher erhalten.

Mein persönliches Ziel ist es, Bookbot zur Nummer eins auf dem Marktplatz für gebrauchte Bücher zu machen. Ich möchte, dass Bookbot die erste Anlaufstelle für Leser*innen ist, wenn sie nach einem bestimmten Buch suchen. Unser Ziel ist es, den Prozess der Buchrückgabe so einfach wie möglich zu gestalten und zu demonstrieren, dass es nicht sinnvoll ist, alle Bücher zu horten. Die meisten von uns geben nur einen Bruchteil ihrer Bücher zurück. Anstatt sie verstauben zu lassen oder in Kisten zu lagern, ist es besser, sie weiterzugeben, damit andere sie lesen können.

Was die Zukunft betrifft, so planen wir definitiv, unsere Präsenz in Europa weiter auszubauen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Ein typischer Arbeitstag beginnt für mich mit einem regelmäßigen Aufstehen, derzeit um 6:50 Uhr. Früher überprüfte ich als Erstes die Umsätze und Zahlen von Bookbot vom Vortag, aber das ist nun nicht mehr möglich, da wir die Analysen erst später am Tag durchführen. Ich nutze die Fahrt zur Arbeit in der U-Bahn zum Lesen, plane aber, weiter weg zu ziehen, um während des Pendelns mehr Lesezeit zu haben. Mein Tag ist in der Regel gefüllt mit zahlreichen Besprechungen, in denen es um Marketingkampagnen, Produktentwicklung, Logistik und ähnliche Themen geht. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen und Chancen.

Wie verändert sich Ihre Arbeit (z.B. durch die fortschreitende Digitalisierung)?

Digitalisierung ist ein integraler Bestandteil unserer DNA. Dies zeigt sich nicht nur darin, dass wir den klassischen antiquarischen Buchverkauf in eine Online-Umgebung transformiert haben. Wir haben unser eigenes Buchregistrierungssystem entwickelt und die meisten unserer internen Systeme selbst programmiert. Wir nutzen einen Algorithmus, der die Preise von Büchern verfolgt und experimentieren derzeit mit künstlicher Intelligenz. Unser Team von 10 Programmierer*innen wird kontinuierlich erweitert.

Für uns ist die fortschreitende Digitalisierung eine Selbstverständlichkeit, um Dinge effizient zu erledigen. Interessanterweise ermutige ich unsere Mitarbeiter*innen, bei der Erprobung neuer Ideen zunächst einen einfachen Ansatz zu wählen, bevor wir diese automatisieren. Dies bedeutet den Einsatz von grundlegenden Tools wie Google Sheets oder Notion. Sobald sich die Prozesse bewähren, entwickelt unser IT-Team spezialisierte Tools dafür.

Welche Erfolge konnten Sie in letzter Zeit feiern?

Ich bin sehr stolz auf das Wachstum unseres Unternehmens. In Deutschland haben wir im Oktober 50.000 Bücher erhalten, was unsere Erwartungen übertraf. Wir verzeichnen dieses Jahr auf allen Märkten ein Wachstum von 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und erwarten eine weitere Beschleunigung. Dies ist in der E-Commerce- und Buchbranche einzigartig.

Besonders erfreulich ist das schnelle Wachstum unseres Bookbot-Teams. Wir haben viele talentierte neue Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Bereichen gewonnen, deren Einarbeitung bereits Früchte trägt.

Wir haben eine erfolgreiche Marketingkampagne gestartet, die von Millionen Menschen gesehen wird, verbessern kontinuierlich unsere Website und nehmen immer mehr Bücher in unser Lager auf.

In meinem Privatleben sind meine drei Kinder meine größte Freude. Da ich versuche, meine Freizeit hauptsächlich mit ihnen zu verbringen, bleibt wenig Zeit für andere Aktivitäten.

Dominik Gazdoš: Wir wollen Bookbot zur Nummer eins für gebrauchte Bücher machen

Wo hakt es? Was ist eine Herausforderung, für die Sie eine Lösung suchen?

Eine ständige Herausforderung ist das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Buchverkäufen. Um Bücher verkaufen zu können, müssen wir Menschen dazu motivieren, ihre Bibliotheken zu sortieren und uns Bücher zu schicken. Gleichzeitig müssen wir gezielt Käufer*innen ansprechen, da unser Lager begrenzt ist.

Im Vergleich zu einem traditionellen E-Shop, der seine Bestände nach Bedarf auffüllen kann, sind unsere Lieferant*innen weniger vorhersehbar. Dies stellt besondere Anforderungen an unser Marketing. Wir müssen nicht nur zum Kauf anregen, sondern auch dazu motivieren, sich von einigen Büchern zu trennen.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

Wir sind an einer Zusammenarbeit mit anderen Buchhandlungen interessiert und möchten uns zunehmend an Veranstaltungen und Ereignissen in der Buchwelt beteiligen. Nach unserer ersten Teilnahme an der Frankfurter Buchmesse und dem Start von Booktaxi hoffen wir, auch Akteure außerhalb des Buchmarktes zu finden. In der Tschechischen Republik kooperieren wir beispielsweise mit Rohlík.cz, hier in Deutschland mit Knuspr.de, wo Kundinnen und Kunden ihre nicht mehr benötigten Bücher direkt bei der Lieferung an den Kurier übergeben können.

Interessant sind auch Kontakte zu Gruppen, die sich für Kreislaufwirtschaft, Minimalismus oder Umzugsunternehmen einsetzen. Diese Partnerschaften ermöglichen es, Lieblingsbücher in Umlauf zu bringen und nach einem Umzug neue literarische Schätze zurückzukaufen. Derzeit streben wir auch die Zusammenarbeit mit Influencern an, die innovative Projekte vorstellen möchten.

Wo finden wir Sie im Internet?

Sie finden uns auf unserer Website bookbot.de sowie auf unseren Social-Media-Kanälen, wo wir regelmäßig Updates und Geschichten rund um Bücher und Nachhaltigkeit teilen.

Wen sollten wir auch mal fragen? Wer macht Zukunftsweisendes im Publishing?

Jeder, der sich mit der Überproduktion von Büchern auseinandersetzt, sollte Beachtung finden. Viele Titel werden in unnötig hohen Auflagen veröffentlicht. Verlage bringen jedes Jahr Dutzende von Titeln heraus, die wir dann zwei Jahre später auf Bookbot für einen Euro finden. Oft handelt es sich dabei um Bücher von Influencern oder Schauspieler*innen.

Die Abschlussfrage darf natürlich nicht fehlen: Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt?

Ich muss gestehen, dass ich weniger lese, als ich gerne würde. Kein Buch hat mich in letzter Zeit wirklich gefesselt. Als CEO eines wachsenden Unternehmens ist für mich jedoch Ben Horowitz’ »The Hard Thing About Hard Things« unverzichtbar. Ich kehre immer wieder zu diesem Buch zurück und habe sowohl zu Hause als auch im Büro ein Exemplar. Horowitz bringt die Dinge auf den Punkt, bietet praktische Ratschläge und betont, dass es keine universellen Lösungen gibt. Manchmal dienen seine Worte als moralische Unterstützung bei schwierigen Entscheidungen.

 

Foto (c) Bookbot

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