Ulrike Ostermeyer: Ich habe 2018 ein Literaturbüro in Berlin gegründet

Ulrike Ostermeyer: Ich habe 2018 ein Literaturbüro in Berlin gegründetDie folgenden sechs Fragen unserer Interviewreihe werden seit 2009 regelmäßig von interessanten Menschen beantwortet, die „was mit Büchern“ machen, und hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf Buchmenschen lenken und die zum anderen Veränderungen und Herausforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen des Publishing sichtbar werden lassen. Unser Ziel damit ist es, die Menschen noch enger in den Kontakt und Austausch zu bringen.

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ulrike Ostermeyer: Ich habe 2018 ein Literaturbüro in Berlin gegründet

Seit mehr als 25 Jahren arbeite ich in der Buch- und Verlagsbranche und habe 2018 in Berlin ein Literaturbüro gegründet, mit dem ich auf der Grundlage meiner langjährigen Erfahrung als Lektorin, Programm- und Verlagsleiterin Unterstützung in vielen Bereichen rund ums Buch anbiete. Mit eigenen Autoren und Buchprojekten kooperiere ich als Editor at large seit Juli 2018 im Bereich deutschsprachige Literatur mit dem 2017 in Zürich gegründeten Kampa Verlag, der in Berlin eine Repräsentanz eröffnet hat. Darüber hinaus arbeite ich als freie Lektorin auch für andere Verlage, u.a. für Hanser Berlin, Suhrkamp, dtv, Matthes & Seitz, Hoffmann & Campe, Diogenes und Piper/Malik. Zusätzlich trete ich als Moderation auf, leite Workshops für Autoren, Übersetzer und Verlage, kuratiere Veranstaltungsreihen und berate im Auftrag des Kulturministeriums Luxemburg einige Luxemburger Verlage zum Thema Frankfurter Buchmesse und „international publishing“. Bevor ich Ende 2017 wieder ganz nach Berlin zurückgezogen bin, war ich zuletzt Verlagsleiterin des Arche Literatur Verlags in Hamburg – nach langjährigen Stationen als Programmleiterin für Belletristik bei den Ullstein Buchverlagen in Berlin, als Lektorin beim Deutschen Taschenbuch Verlag in München und als Literaturagentin in London. Zu meinen schönsten und erfolgreichsten Entdeckungen in all diesen Jahren gehören literarische Wiederentdeckungen wie Lucia Berlin, Flannery O’Connor, Antal Szerb und Wassili Grossman – sowie in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur Alina Herbing, Helene Hegemann, Ralph Dohrmann, Zoran Drvenkar, in der Unterhaltung die Bestsellerautorin Dora Heldt und in der internationalen Literatur Petina Gappah, Lina Meruane, Dinaw Mengestu, Ha Jin und Marina Lewycka.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Nach der morgendlichen Zeitungslektüre beim Frühstück erstelle ich mir einen Tagesfahrplan und schaue  kurz in meine E-Mails. Dann, gegen 9 Uhr, fahre ich in mein Büro und beantworte bzw schreibe erstmal die wichtigsten E-Mails, mache Termine aus, telefoniere und akquiriere für Kampa sowie in eigener Sache, oder ich erledige administrative Arbeiten. Falls keine aushäusigen Termine (meist mittags) anstehen, widme ich mich ab Mittag der konzentrierten Textarbeit: dem Prüfen von Manuskripten, dem Redigat oder Lektorat eines Textes, dem Konzept einer Moderation oder eines Workshops – oft sind es auch mehrere Bälle gleichzeitig, die jongliert werden müssen. Arbeite ich gerade mit einer/einem deutschsprachigen Autorin/Autor an ihrem/seinem Text, stehen zudem regelmäßig Besprechungen an, die manchmal einen Vormittag oder Nachmittag dauern können. So jedenfalls sieht es im Idealfall aus – aber ganz oft werden die Tage durcheinandergewirbelt, weil plötzlich eilig zu prüfende Lektüre hereinflattert, noch etwas schnell gegengelesen werden muss oder sich ein Lektorat länger hinzieht, als gedacht. Dann gilt es zu improvisieren.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Die Arbeit als selbstständige Lektorin ist für mich noch relativ neu und anders strukturiert als in einem Verlag, da die oft langen Sitzungen, aber auch die inzwischen umfangreiche organisatorische und administrative Verlagsarbeit wegfällt. Der Rhythmus ist ein anderer. Das schafft mehr Raum für die Textarbeit und für die Entwicklung von Ideen, auch im Hinblick auf  mögliche neue Formen der Zusammenarbeit im Sinne der Literatur.

Was ist ein Problem, für das Sie eine Lösung suchen?

Die künftige Vermittlung von Literatur – da inzwischen merklich weniger Literatur gelesen wird. Was alles Mögliche zur Folge hat: Als Verlag überlegt man einmal mehr, ob man sich diese oder jene Übersetzung und all die damit verbundenen Kosten einer Veröffentlichung noch leisten kann und will, auch wenn es sich um eine vielversprechende Autorin, einen ebensolchen Autor und einen großartigen Text handelt. Und wenn die Entscheidung positiv ausfällt, dann muss in der Regel mit gespitztem Stift gerechnet werden – beim Honorar für die Übersetzung, beim Honorar im Falle der Vergabe ins Außenlektorat, bei den PR-Maßnahmen, Lesungen etc. Es sei denn, es werden höhere Auflagen erwartet (oder vielmehr erhofft) und das Buch wird zum Spitzentitel erkoren. Deutschsprachige Literatur hat es hier natürlich leichter, da wenigstens die Übersetzungskosten wegfallen und meist auch ein Außenlektorat – aber auch hier gilt, das Risiko möglichst gering, die Kosten unten zu halten (die Ausnahme sind hier interessanterweise nur die teilweise immer noch exorbitanten Vorschüsse auf die Autorenhonorare). Was können wir also alle gemeinsam tun, um den gerade in einer vernetzten und komplexen Welt nach wie vor dringend notwendigen Wert von literarischen Texten gerade jenen zu vermitteln, die glauben, entweder keine Zeit mehr dafür zu haben oder den Sinn des „tiefen Lesens“ gar nicht mehr verstehen? In den Bereichen Marketing und PR ist viel ausprobiert worden in den letzten Jahren, mit eher weniger als mehr Erfolg – und einen Königsweg gibt es nicht. Außer vielleicht: Einfach weiter gute Literatur zu verlegen, die Qualitätsstandards jedweder Arbeit an einem Buch nicht zu senken, zu versuchen, dies in einem vernünftigen Maß anständig zu honorieren und jedes literarische Buch, das sich auch heute noch gut verkauft , als zukunftsweisend zu feiern. Aber vielleicht gibt es ja doch noch das eine oder andere, was einem dazu einfiele …

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?

Verlage (Lektoren/Programmleiter/Verleger), für die ich Engpässe lösen kann, seien es Redigate, Lektorate, zu erstellende Konzepte oder die Betreuung eines Werks (einer Autorin/eines Autors); Kulturveranstalter für Moderationen oder Kuratierungen von Veranstaltungsreihen; Kultureinrichtungen, Verlage sowie Fort- und Weiterbildungseinrichtungen, die Unterstützung rund um die Publikation von Büchern und den internationalen Rechtemarkt benötigen. Ich verfüge über ein breit gefächertes Netzwerk im In- und Ausland.

Wo finden wir Sie im Internet?

Meine Website www.ulrikeostermeyer.de befindet sich derzeit noch im Aufbau, aber auf der bereits vorhandenen Visitenkarte stehen meine Kontaktdaten. Ab spätestens Januar 2019 sollte dann aber alles freigeschaltet sein.

Bildquelle: Ulrike Ostermeyer

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3 comments

  1. Dr. H. Dettenborn says:

    Sehr geehrte Frau Ostermeyer,
    ich habe Ihrem Text nicht entnommen, ob man Sie auch als Literaturagenten ansprechen kann. Ist das so?
    Es fragt
    Dr. H. Dettenborn

  2. Christiane Kuby says:

    Liebe Frau Ostermeyer, unser letzter Kontakt ist zu meinem Schrecken schon fünf Jahre her! Damals waren Sie noch Programmleiterin bei Arche, und ich habe eine Novelle von Kader Abdolah für Sie übersetzt, danach hörte unsere Zusammenarbeit leider auf. Gerade war ich zu einem Kolloquium über Abdolahs Werk in Brüssel, und das war so anregend und ermutigend, dass ich Ihnen eine Mail schrieb, allerdings ohne mir klar zu machen, dass Sie ja möglicherweise gar nicht mehr für Arche arbeiten. Google sei Dank konnte ich Sie hier finden und hoffe, Sie schicken mir Ihre Mailadresse, damit ich den Brief noch mal abschicken kann. Ihnen alles Gute auf diesem neuen Weg und herzliche GRüße Ihrer Christiane Kuby

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