Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern oder im Bereich Publishing?
Mein Name ist Sonja Bröderdörp und ich bin schon immer in der Medienbranche tätig. Nach einigen spannenden Stationen in Buchverlagen bin ich nun CFO und Mitgründerin von ArchiTangle, einem jungen Architekturverlag in Berlin, den wir 2019 mit dem Ziel gegründet haben, das gedruckte Buch durch digitale Innovation zu stärken und dadurch Bücher länger erfolgreich im Markt zu halten.
Der Schwerpunkt unseres Programms liegt auf sozial engagierter Architektur und Stadtplanung. Wir publizieren in unseren Büchern gesellschaftsrelevante Themen, die wir kontinuierlich durch digitale Zusatzinformationen erweitern und aktualisieren.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Das Schöne an unserem Verlag ist: es gibt ihn einfach nicht, den typischen Arbeitstag!
Da wir zusammen mit unseren gedruckten Büchern ein völlig neuartiges Digitalprodukt – die Speicherung von Daten auf der Blockchain – anbieten, haben wir die ausgetretenen Pfade hinter uns gelassen und interpretieren das Büchermachen jeden Tag neu. Das Interesse ist groß, was uns natürlich enorm freut, aber zugegebenermaßen auch fordert, denn wir sind (noch) ein kleines Team. Deshalb ist kein Tag wie der andere.
Wie verändert sich Ihre Arbeit (z.B. durch die fortschreitende Digitalisierung)?
Wir haben den Verlag mit der Absicht gegründet, unsere Bücher durch digitale Zusatzinhalte langlebiger und vor allem innovativer zu machen, da gibt es keinen Stillstand und genau das ist auch gewollt. Es gibt immer neue Wege, Inhalte zu verbreiten und Wissen zu vermitteln. Die Basis dafür bleibt für uns das Buch! Die Herausforderung, die wir alle kennen, besteht also darin, unser Medium zu bewahren und gleichzeitig neue zukunftsweisende Wege zu gehen. Kurz gesagt: das Eine tun ohne das Andere zu lassen.
Welche Erfolge konnten Sie in letzter Zeit feiern?
Wir haben mit unserer Lösung book+, als erster Verlag überhaupt, eine neue Möglichkeit geschaffen, digitale Zusatzinhalte tatsächlich permanent und fälschungssicher zu speichern und damit mindestens so langlebig zu machen wie das gedruckte Buch selbst, d.h. die Links hinter den QR-Codes, die wir in unsere Bücher drucken, werden auch dann noch funktionieren, wenn es unseren Verlag in ferner Zukunft nicht mehr geben sollte und das Buch in irgendeiner Bibliothek auf der Welt aus dem Regal genommen wird.
Lassen Sie mich kurz ein Beispiel für den Einsatz von book+ nennen: wir haben ein Buch, in dem wir Lösungen für den Wohnungsbau in Gebieten vorstellen, die vom Klimawandel betroffen sind, seien es Überflutungsgebiete oder auch Flüchtlingslager. Die Umstände vor Ort ändern sich fortwährend und mit book+ können wir nicht nur Inhalte aktualisieren, sondern auch den Bauprozess, neue Forschungsinhalte oder Initiativen über die Jahre hinweg für den Leser über den jeweiligen Deeplink dokumentieren, bewahren und so das notwendige Wissen weitergeben.
Die ersten Bücher mit Links zu den Blockchain-Inhalten sind bereits erschienen und wir freuen uns auf die nächsten Schritte.
Wo hakt es? Was ist eine Herausforderung, für die Sie eine Lösung suchen?
Wie wohl alle Verlage, die ihre Bücher international vertreiben, stehen wir vor der Herausforderung, immer höhere Logistik- und Herstellungskosten bei immer geringeren Margen zu stemmen. Wir brauchen Partner, die kleine Verlage ernst nehmen und unterstützen und sie auch auf unbekannten Wegen begleiten.
Wer sollte Sie ggf. kontaktieren? Welche Art von Kontakten wäre hilfreich?
Jeder, der ein Interesse daran hat, das gedruckte Buch mit zusätzlichen Inhalten zu stützen und neue Konzepte zu entwickeln, wie der Transfer von Wissen und Best Practices effizient und effektiv gestaltet werden kann.
Wo finden wir Sie im Internet?
Sie finden uns und unsere Bücher unter www.architangle.com und mich auch auf LinkedIn.
Wen sollten wir auch mal fragen? Wer macht Zukunftsweisendes im Publishing oder in der Buchwelt allgemein?
Die Verleger von Kjona. Ich habe sie leider noch nicht persönlich kennengelernt, aber sie versuchen da etwas umzusetzen, was mir sehr am Herzen liegt. Was heißt versuchen? Sie tun es einfach: Bücher sozial-ökologisch verträglich herzustellen und wirtschaftlich zu verteiben!
Die Abschlussfrage darf natürlich nicht fehlen: Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt?
Darf ich auch zwei nennen? Da ist ein englisches Buch, das mir meine 16-jährige Tochter zum Lesen gegeben hat: Stephen Chbosky »The Perks of Being a Wallflower« – das sollte jeder lesen!
Und dann »WHO’S NEXT? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt« eine Publikation der TU München zur gleichnamigen Ausstellung, die derzeit noch in Hamburg zu sehen ist. Selten hat mich die Arbeit an und mit einem Buch derartig beeindruckt.
Foto (c) privat