Birgit Schulze Wehninck: Buchkinder wachsen mit ihren Büchern

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Birgit Schulze Wehninck

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Birgit Schulze Wehninck, ich leite – gemeinsam mit Sven Riemer,  den Buchkinder Leipzig e.V. Wir  arbeiten an einem sehr lebendigen Ort, einem Raum zur Beflügelung des eigenen Ausdrucks über Bild und Text – nicht nur, aber vor allem  für Kinder und Jugendliche. In unseren Druck- und Schreibwerkstätten entwickeln Jungen wie Mädchen ihre Geschichten zu eigenen Büchern. Sie überlegen und diskutieren ihre Ideen in der Gruppe, schreiben sie auf, illustrieren, setzen und drucken, bis die bunten Produkte ihrer Phantasie gebunden zwischen Buchdeckeln vorliegen.

Die Besonderheit der Buchkinderarbeit liegt neben dem freien und selbständigen Arbeiten in der Einbindung in alle Prozesse des Büchermachens; vom ersten Strich auf dem Papier bis hin zum Vertrieb ihres eigenen Buches, welches in kleinen Auflagen in der eigenen Buchmanufaktur hergestellt und zum Verkauf angeboten wird. Die Präsentation der fertigen Bücher, ob in der Öffentlichkeit auf der Leipziger und Frankfurter Buchmesse oder im geschützten Raum des Kurses, sind wichtige Ereignisse und Motivation für die Kinder und Jugendlichen. Buchkinder wachsen mit ihren Büchern. Sie übernehmen Verantwortung und entwickeln neben Kreativität und kommunikativen Fähigkeiten auch soziale Kompetenz.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Einen typischen Arbeitstag zu beschreiben, wird schwierig. Obwohl ich umgeben bin von historischen Maschinen (Druckerpressen, Handpapierschneide), gehören zu meinen Arbeitsmitteln im Alltag das Moibltelefon und der Computer.  Telefonieren, Emails lesen und schreiben … Kontakte herstellen, pflegen … Es geht darum, Menschen zusammenführen, koordinieren, initiieren, kommunizieren, reflektieren innerhalb der Mitarbeiterschaft, aber natürlich auch nach außen. Neben den inhaltlichen Aspekten und der konzeptionellen Weiterentwicklung unserer Bildungsarbeit geht es vor allem auch darum, die finanziellen Ressourcen bereitzustellen, auch das nimmt viel Raum ein.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Die Buchkinderarbeit im Verein hat Ende 2001 sehr klein begonnen und ist dann gewachsen, das Aufgabenspektrum komplexer geworden.

Im vergangenen Jahr jedoch haben wir einen schmerzhaften Schrumpfungsprozess durchleben müssen: die Streichung wichtiger Förderinstrumente auf Bundesebene (Maßnahmen der Beschäftigungsförderung) hatte eine Kürzung auf personeller Ebene zur Folge und damit die radikale Reduzierung unserer Angebote. Wir mussten Werkstätten schließen und unsere  Kinderanzahl auf ein Fünftel reduzieren.

Das war ein harter Prüfstein … Wir haben an der Buchkinderidee festgehalten und gemerkt, dass sie uns weiterhin trägt … Wir haben die Zeit genutzt, die Zukunft der Buchkinderarbeit kritisch und strukturierend weiter zu denken – in Konzentration auf die Kernbereiche unserer Arbeit. Dabei sind wir mit Menschen und Unternehmen ins Gespräch gekommen, die Lust haben, Gesellschaft aktiv mitzugestalten und soziale Verantwortung zu übernehmen.  Die Buchkinderarbeit hat überzeugt und wir sind froh, dass wir unseren Unterstützerkreis für unseren Bildungsansatz erweitern konnten. So befinden wir uns auf einer Art Landebahn, die die vielfältigen Akteure im Gestaltungsprozess zusammenbringt. Das ist spannende Aufgabe.

Jetzt stehen wir bereits an einem anderen Punkt, wir haben uns aus der Krise herausgearbeitet, sind strukturell  neu aufgestellt:   Mit dem Aufbau eines Kernteams und der Eröffnung unseres ersten BuchKindergartens für 119 Kinder Mitte März verantworten wir mit unseren ehrenamtlich Engagierten einen Personalstamm von knapp 40 Mitarbeitern.

Etwas hat sich nicht verändert, bleibt aber eine herausfordernde Aufgabe:  Bildungsarbeit zu organisieren im Spannungsfeld zwischen dem Wert an sich, den sie produziert und ihrer kaum abzubildenden monetären Verwertbarkteit.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Nach sieben Jahren müssen wir unsere Wirkungsstätte der Druck- und Schreibwerkstätten im Graphischen Hof verlassen. Ein Eigentümerwechsel brachte uns die Kündigung ins Haus. Auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten sind wir im Leipziger Westen fündig geworden. Mit der »Alten Post« in Lindenau haben wir einen geschichtsträchtigen Ort gefunden. Mit der günstigen verhandelten Miete ist gleichzeitig ein hoher Sanierungsaufwand verbunden.

Um eine Finanzierung auf die Beine zu stellen haben wir auf VisonBakery ein Crowdfunding-Projekt gestartet, dass die kalkulierten Umzugs- und Materialkosten von rund einbringen soll. Die Aktion läuft noch 2 Tage und wir hoffen, dass wir noch möglichst viele Unterstützer erreichen, der folgende link führt direkt zum Projekt:   www.visionbakery.com/buchkinder

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Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Gerne dürfen uns alle Menschen kontaktieren, die eine Möglichkeit sehen, unseren Ansatz der Bildungsarbeit zu befördern. Im Moment sind es hauptsächlich finanzielle Mittel, die uns fehlen.

Aber auch die kritische Reflektion und Weiterentwicklung unsere Arbeit ist uns wichtig. Für einen lebendigen Austausch, zur Reflektion und Weiterentwicklung unserer Arbeit sind wir dabei, einen Beirat ins Leben zu rufen, der sich aus Personen zusammensetzt, die die verschiedenen Bereiche unserer Gesellschaft vertreten Wirtschaft, Kultur, Soziales ect.

Wo finden wir Sie im Internet?

www.buchkinder.de

www.visionbakery.com/buchkinder

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Birgit Schulze Wehninck

 

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